Dual Career Service:Karriere nicht ohne meinen Partner

Wer Spitzenkräfte anlocken will, muss auch an deren Partner denken. Die wollen ihre eigene berufliche Laufbahn nicht aufgeben. Unternehmen und Hochschulen fördern deshalb inzwischen Paare im Doppelpack.

Maria Holzmüller

Kind oder Karriere - oder doch beides? Wer in jedem Lebensbereich erfolgreich sein will, braucht meist einen starken Partner, der einem den Rücken freihält. Es ist schwer genug, die eigene Karriere zu planen - im Team als Paar über den beruflichen Aufstieg nachzudenken, scheint nahezu unmöglich.

FAMILIENRAD

Nur gemeinsam geht es vorwärts: Paare, die Familie und Beruf gleichermaßen vereinen wollen, müssen gemeinsam planen. Der Dual Career Service hilft dabei.

(Foto: AP)

Ist es aber nicht, bestätigt eine Studie der TU München und des Deutschen Jugendinstituts.

Waltraud Cornelißen vom Deutschen Jugendinstitut untersuchte zusammen Nina Bathmann und Dagmar Müller im Projekt Karriereverläufe von Frauen - Paardynamiken und institutionelle Rahmungen in der Rush Hour des Lebens die Karrieren von Frauen. Befragt wurden Paare, die ursprünglich die gleiche Ausgangsposition beim Start ins Berufsleben hatten: gute Ausbildung, Praktika, oft Auslandserfahrung. Danach entwickelten sich ihre Lebensläufe in unterschiedliche Richtungen.

In der Studie kristallisierten sich drei Karriere-Typen heraus, die ungefähr gleich stark in der Stichprobe vertreten waren: "Ein Teil der Paare entschied sich für die Priorisierung der männlichen Karriere, obwohl die Frauen genauso viel in ihre Ausbildung investiert hatten. Der Knackpunkt war oft die Geburt eines Kindes", sagt Cornelißen.

Bei Paaren, denen es gelang, sowohl Kind und Karriere zu haben, lag es laut der Erhebung oftmals daran, dass die Frauen ebenfalls das männliche Karrierekonzept verfolgten: Sie nahmen nur eine sehr kurze Elternzeit in Anspruch, kehrten kurz nach der Geburt zurück ins Berufsleben und ließen ihre Kinder in Krippen oder von Tagesmüttern betreuen. "Diese Gruppe verfügt oftmals über genug Geld, um sich über die Kinderbetreuung keine Gedanken machen zu müssen", sagt Cornelißen.

Ungefähr ein Drittel der Befragten lebt der Studie zufolge nach einem "modernen Muster" und verfolgt das Prinzip Dual Care -Dual Career. "Hier wird die Sorgearbeit geteilt, aber keiner gibt seine Karriere auf. Mal steckt der eine Partner beruflich zurück, weil bei dem anderen eine neue Karrierestufe ansteht, mal ist es umgekehrt", analysiert Cornelißen. Sie glaubt, dass diese drei Karrieremuster in Paarbeziehungen kein Zufall sind, sondern das Ergebnis oft wenig reflektierter Paar- , Geschlechter- und Elternschaftskonzepte.

Wer sich für die Dual Career entscheidet, muss auch gemeinsam planen. Das sei vielen Paaren nicht bewusst. "Über viele Aspekte wird gar nicht gesprochen, sie geschehen einfach gewohnheitsbedingt. Dass die Frau Elternzeit nimmt, ist meistens selbstverständlich", erklärt Cornelißen. Dabei seien genau jene Paare am erfolgreichsten, die versuchen, Win-win-Situationen zu gestalten: Wenn der Mann beruflich ins Ausland geht, überlegt seine Frau, wie sie die Zeit dort für ihre persönliches berufliches Weiterkommen nutzen kann - und umgekehrt.

Vorwurf: Vetternwirtschaft

"Natürlich ist das manchmal nur bedingt planbar", räumt Cornelißen ein - aber es lohnt sich dennoch, wie ihre Studie nahelegt. "Die Paare, die von Anfang an mit der Einstellung 'Wir schaffen das zusammen' an die Sache herangehen, schaffen es oft auch, ihre Ressourcen aufzuteilen", fügt sie hinzu.

Tandem

Nur gemeinsam geht es vorwärts: Wenn beide Partner ihre Karrieren als Team planen, muss niemand beruflich zurückstecken. Unternehmen können dabei helfen.

(Foto: iStock)

Damit es Paaren künftig noch einfacher fällt, ihre Karrieren gemeinsam zu planen, soll mehr Hilfe von außen kommen. Ein Konzept, das die Wissenschaftlerin Cornelißen begrüßt, ist der Dual Career Service, den in Deutschland beispielsweise die Technische Universität München anbietet.

Ins Leben gerufen wurde er im Januar 2008. "Ziel war von Anfang an, Spitzenwissenschaftler zu rekrutieren und den Anteil der Wissenschaftlerinnen zu erhöhen. Da bei Mobilitätsentscheidungen traditionell eher die Frau dem Mann folgt und ihre eigene Karriere in den Hintergrund stellt, wollten wir Wissenschaftlerinnen unterstützen, indem wir den zugehörigen Partnern bei der Jobsuche behilflich sind", sagt Kerstin Dübner-Gee, die das Dual-Career Büro in München leitet.

Damit folgte die TU einem internationalen Trend. Im angloamerikanischen Raum sind ähnliche Einrichtungen gerade im Hochschulbereich bereits üblich. "Um internationale Spitzenwissenschaftler zu gewinnen, ist es oftmals nötig, auch den jeweiligen Partnern eine berufliche Perspektive zu bieten", sagt Dübner-Gee. Ähnlich wie die TU reagieren deshalb auch andere Hochschulen in Deutschland: An die 50 Karriere-Beratungsstellen gibt es inzwischen an Universitäten.

Entscheidet sich ein Wissenschaftler für München, lässt sie sich den Lebenslauf des Partners zuschicken, klärt in Gesprächen, welche beruflichen Visionen der- oder diejenige hat und kontaktiert Unternehmen, die als Arbeitgeber in Frage kommen. Inzwischen ist der Dual Career Service der TU in ein umfassendes Netzwerk eingebunden, zu dem unter anderem der Allianz-Konzern oder das Max-Planck-Institut zählen.

Auch Verena Goldammer wandte sich an Dübner-Gee. Die promovierte Finanzmathematikerin war auf der Suche nach einer Stelle in München, weil ihr Partner Daniel Matthes als Mathematik-Professor einen Ruf nach an die TU erhielt. "Ich habe im Juli meinen Lebenslauf an den Dual Career Service geschickt und mit Frau Dübner-Gee darüber gesprochen, dass ich gerne in der Versicherungsbranche arbeiten würde. Sie hat meine Bewerbungen dann weitergeleitet, ich wurde zu Vorstellungsgesprächen eingeladen - und im September hatte ich eine Stelle", sagt sie.

Sie weiß, wen sie ansprechen muss

Dübner-Gee weiß, wen sie ansprechen muss - und sie findet Gehör. Ihre Arbeit erleichtert oftmals auch den Unternehmen die Auswahl von Bewerbern. Sie weiß, an welche Stelle ein Bewerber passt und klärt auf, wenn es Skepsis bezüglich ausländischer Studienabschlüsse gibt. Sie vermittelt informelle Gespräche mit Personalern und sucht passende Weiterbildungsmöglichkeiten für Partner.

Dass in Deutschland das Prinzip Dual Career Service noch immer mit Nepotismus und Vetternwirtschaft verbunden wird, ärgert sie. "Wir haben ein professionelles Vorgehen etabliert, was Bewerbern nicht erspart, die üblichen Regularien eines Bewerbungsverfahrens zu durchlaufen. Wir haben lediglich den Vorteil, in ein großes Netzwerk eingebunden zu sein und einen Informationsvorsprung zu haben, was offene Stellen angeht."

165 Beratungen hat sie inzwischen durchgeführt, mehr als 100 davon kamen zu einem erfolgreichen Abschluss, wie sie sagt. In die Situation der "mitgereisten" Partner kann sie sich gut hineinversetzen. Die Sozialpädagogin folgte selbst ihrem Mann für einen Forschungsaufenthalt in die USA und weiß um die Probleme im fremden Alltag.

Dass ihre Vermittlungsarbeit nicht immer funktioniert, räumt sie ein. "Bei Bewerbern aus dem Ausland gibt es häufig große Sprachschwierigkeiten. Und wenn eine Ehefrau jahrelang Hausfrau und Mutter war, ist es auch für mich schwierig, ihr einen perfekten Wiedereinstieg ins Berufsleben zu ermöglichen", sagt sie.

Führungskraft in Teilzeit

Dafür berät sie aber auch in anderen Alltagsdingen wie der Wohnungssuche, der Auswahl der richtigen Kinderbetreuung und dem täglichen Leben in München. Nur deshalb wurde Mathematik-Professor Daniel Matthes ursprünglich auf sie aufmerksam. "Ich brauchte dringend eine Wohnmöglichkeit als ich von Wien nach München kam. Frau Dübner-Gee hat mir dann erst einmal ein Zimmer im Studentenwohnheim organisiert", erzählt er.

Er wäre auch ohne Dual Career Service nach München gekommen - aber für ältere Professoren, deren Ehefrauen ebenfalls in ihrem Beruf etabliert sind, ist das Angebot mitunter das Argument, das sie überzeugt, nach München zu kommen. Nur wenn beide Partner eine berufliche Perspektive haben, entschließen sie sich zum Umzug.

Zukunftsmodell für die Wirtschaft

Waltraud Cornelißen vom Deutschen Jugendinstitut ist deshalb überzeugt davon, dass der Dual Career Service auch in der Wirtschaft dazu beitragen könnte, dass in einer Beziehung keiner mehr beruflich zurückstecken muss, weil der andere Karriere macht. "Er erleichtert den Arbeitnehmern mobil zu bleiben."

Ansätze in den Unternehmen gibt es bereits: Bosch fördert die Ehepartner der Angestellten ebenso wie die Allianz, die Beratungsgespräche für Partner anbietet. Wer Spitzenkräfte rekrutieren will, muss auch an die zugehörige Familie denken. In Zeiten des Fachkräftemangels ein Gebot, das immer wichtiger werden könnte.

"Die Karrierevorstellungen der Unternehmen müssen sich ändern. Wir brauchen Führungspositionen in Teilzeit. Dass ein Arbeitnehmer ununterbrochen Karriere macht - das können Paare heute nicht mehr leisten. Auch Männer brauchen Auszeiten", sagt Cornelißen. Nur wenn beide Partner eine berufliche Perspektive haben, funktioniert das Prinzip der Paar-Karriere.

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