Berufskrankheit "Mausarm":Wenn jeder Klick weh tut

Kleine Bewegungen verursachen oft große Schmerzen: Der "Mausarm" lässt sich gut behandeln, wird aber oft verschleppt.

Aliki Nassoufis

Es ist eine schleichende Gefahr: Zuerst zwickt es nur ein bisschen im Arm, doch irgendwann sind die Schmerzen im Handgelenk und der Schulter kaum noch auszuhalten. Die Rede ist vom sogenannten Mausarm, der häufig durch die tägliche Arbeit am Schreibtisch entsteht. "Wer regelmäßig sehr lange und in verkrampfter Position am Computer sitzt und dabei schnelle und kleine Bewegungen macht, riskiert eine schmerzhafte Entzündung des Unterarms und dessen Muskulatur", sagt Nils Graf Stenbock-Fermor, Vorsitzender des Deutschen Orthopäden-Verbandes in Köln.

Im Englischen werden die Beschwerden auch "Repetitive Strain Injury" (wiederholte Belastungsverletzung) genannt, kurz RSI-Syndrom. Der Orthopäde Oliver Dierk aus Hamburg hält das für die bessere Bezeichnung: "Mausarm ist etwas unglücklich gewählt, weil das nur eine Form der Belastung impliziert", sagt Dierk, der auch Mannschaftsarzt der HSV-Fußballer ist. "In Wirklichkeit sind davon aber häufig auch Oberarm, Schulter und Nacken betroffen."

Trotz der oft großen Schmerzen blieb die Mausarm-Erkrankung lange Zeit unentdeckt. Mittlerweile leiden aber auch in Deutschland immer mehr Menschen darunter. "Zwar können Frauen häufiger betroffen sein als Männer, doch in erster Linie ist die Erkrankung abhängig vom Beruf", sagt Ursula Marschall, Medizinerin und Leiterin des Kompetenzzentrums Gesundheit der Barmer Krankenkasse in Wuppertal.

Im Volksmund heißt das RSI-Syndrom daher auch "Sekretärinnenkrankheit". Gefährdet sind jedoch auch Menschen, die exzessiv beim Videospielen viele Stunden klickend vor dem Computer verbringen - und dabei handelt es sich häufig um junge Männer.

Die Symptome des Mausarms sind meist unspezifisch. "Die ersten Anzeichen reichen oft vom Kribbeln über Sensibilitätsstörungen bis hin zu Taubheitsgefühlen in den betroffenen Körperteilen", erläutert Dierk. "Ansonsten handelt es sich oft um diffuse Schmerzen, die zwischen Handgelenk und Schulter auftreten können."

Das RSI-Syndrom ist allerdings kein einheitliches und medizinisch klar definiertes Krankheitsbild. "Die Erkrankung steht vielmehr für schmerzhafte Bewegungsstörungen infolge stereotyper Bewegungsmuster vor allem im Hand- und Unterarmbereich", sagt Marschall. Dabei treten die Beschwerden im Anfangsstadium nach langer Tätigkeit am Computer auf, verschwinden aber über Nacht durchaus wieder. Bei der chronischen Form des Mausarms hat der Betroffene die Schmerzen dann aber auch bei Alltagstätigkeiten - etwa beim Gangschalten im Auto und beim Bügeln.

Kältepackungen zur Schmerzlinderung

Davon, die Krankheit mit Medikamenten zu behandeln, rät Stenbock-Fermor ab. "Damit kann man zwar zunächst einmal die Symptome lindern", sagt er. "Langfristig verschleiern sie aber nur die eigentlichen Ursachen." Dadurch werde die Krankheit häufig verschleppt, obwohl sie bei frühzeitiger Behandlung eigentlich problemlos ausheilen könne.

Es ist daher wichtig, rechtzeitig aktiv etwas gegen die Schmerzen zu tun: "Zur Behandlung des akuten Mausarms gehört es, zunächst den Arm zu schonen", sagt Marschall. "In der Therapie werden schließlich Dehn- und Kräftigungsübungen sowie Sport angewandt." Außerdem trägt Wärme bei akuten Schmerzen zur Muskelentspannung bei, Kältepackungen dienen der Schmerzlinderung.

Ab zur Massage

Entscheidend ist jedoch ein ganzheitlicher Ansatz - und nicht nur eine Behandlung der Symptome. "Am besten ist es, den Arbeitsplatz zu verändern", rät Dierk. Dafür gebe es beispielsweise ergonomische Tastaturen, Handauflagen und PC-Mäuse, die einem Joystick ähnelten und eine andere Handhaltung erforderten. "Außerdem sollte man einen Stuhl haben, auf dem man aufrecht und nicht so starr oder in sich zusammengefallen sitzt, sowie einen Bildschirm, den man nach Blickwinkel und Körperhaltung verstellen kann."

Laut Stenbock-Fermor können auch Muskel-Entspannungstechniken wie etwa autogenes Training hilfreich sein. "Vor allem aber gehört eine sogenannte Querfriktionsmassage zu den sinnvollsten Behandlungsmethoden, also eine Massage der Weichteile quer zur Bewegungsrichtung", sagt der Orthopäde. Die sei in Deutschland zwar noch nicht sehr verbreitet. Wenn ein Therapeut das allerdings gut mache, sei der Behandlungserfolg groß.

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