Amnesty International:Geschäftsführerin mit Kind unerwünscht

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Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International trennt sich mit "sofortiger Wirkung" von ihrer deutschen Geschäftsführerin Monika Lüke. Wegen eines "gestörten Vertrauensverhältnisses", wie es heißt. Lüke selbst hat einen ganz anderen Verdacht.

Rechtmäßige Kündigung oder einfach Diskriminierung? Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International will sich nach nur zwei Jahren von ihrer deutschen Geschäftsführerin Monika Lüke trennen. Die 42-Jährige wurde "mit sofortiger Wirkung" von ihren Aufgaben freigestellt. Begründet wurde die Trennung durch den ehrenamtlichen Amnesty-Vorstand mit einem "über die vergangenen Monate zunehmend gestörten Vertrauensverhältnis". "Eine weitere Zusammenarbeit mit ihr erscheint uns nicht mehr möglich", erklärte Vorstandssprecher Stefan Keßler. Derzeit wird nun darüber verhandelt, wie das Arbeitsverhältnis einvernehmlich gelöst werden kann.

Amnesty International trennt sich von Generalsekretärin Monika Lüke. Über die Gründe dafür gibt es Diskussionen. (Foto: dpa)

Monika Lüke selbst hat einen ganz anderen Verdacht. Sie vermutet, dass ihre Mutterschaft Grund für die Freistellung sei und reagierte "entsetzt" auf ihre Suspendierung. "Der Brief erreichte mich exakt dreieinhalb Wochen nach der Geburt meiner Tochter, also im Mutterschutz", schrieb die 42-Jährige am Mittwochabend in einer Rundmail, die der Nachrichtenagentur dpa vorliegt, an die Mitglieder von Amnesty in Deutschland. In dieser Zeit sei sowohl eine Kündigung als auch eine Suspendierung rechtlich unzulässig.

Der Vorstand, der nur noch wenige Tage im Amt sei, habe ihr bislang weder einen "wirklichen Grund" genannt noch das Gespräch mit ihr gesucht. Bei den Auseinandersetzungen mit dem Vorstand sei es in den letzten Monaten einzig um den Umstand gegangen, "dass ich Generalsekretärin bin, dies Ernst nehme, und trotzdem Mutter werde".

Die Ablösung wurde nach Keßlers Angaben von den sieben Vorstandsmitgliedern einstimmig beschlossen. Der Streit drehe sich nicht um politische, sondern um organisatorische Fragen, sagte der Vorstandssprecher. Einzelheiten nannte er nicht. Keßler betonte jedoch: "Lüke hat sich strafrechtlich nichts zu Schulden kommen lassen. Sie hat keine goldenen Löffel geklaut oder Ähnliches."

Lüke war seit Juli 2009 im Amt. Die studierte Völkerrechtlerin trat damals die Nachfolge von Barbara Lochbihler an, die nun für die Grünen im Europaparlament sitzt. In der 50-jährigen Amnesty-Geschichte war Lüke erst die fünfte Generalsekretärin der deutschen Sektion.

Der bisherige Amnesty-Vize Grenz, der nun die Geschäfte führt, arbeitet seit mehr als drei Jahrzehnten für die Organisation. Über die endgültige Nachfolge wurde noch nicht entschieden. Am Wochenende findet in Köln die Jahresversammlung von Amnesty Deutschland statt. Dann wird auch der Vorstand neu gewählt

Die Menschenrechtsorganisation, die auch mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet wurde, hatte erst vor wenigen Tagen ihr 50-jähriges Bestehen gefeiert. In Deutschland hat Amnesty mehr als 110.000 Mitglieder und Unterstützer. Weltweit sind es mehr als drei Millionen.

© sueddeutsche.de/dpa/holz - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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