Gewöhnlich haben Bulgarien und Deutschland eher wenig miteinander gemein. Und dennoch bilden sie ein trauriges Gespann: Sie sind die einzigen beiden Länder in der gesamten EU, in denen die Außenwerbung für Tabakprodukte noch erlaubt ist.
Doch nicht einmal in Bulgarien dürfen Zigaretten unbeschränkt auf Plakaten beworben werden. Nur Deutschland lässt diese Werbung noch in großzügiger Form zu, als letztes Land in Europa. Es bildet damit das Schlusslicht im Kampf gegen den Zigarettenkonsum.
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Was für eine Schmach! Dabei sollte es eigentlich auch in Deutschland längst ein gesetzliches Werbeverbot geben. So wird es seit Jahren diskutiert und so hatte es das Bundeskabinett im Frühjahr 2016 beschlossen. Werbung für Zigaretten sollte künftig verboten sein, auf Plakaten und im Kino. Doch dann verzögerte sich das Ganze. Im vergangenen Sommer sollte die erste Lesung im Bundestag stattfinden, eigentlich. Bis heute ist es nicht dazu gekommen.
Studien haben gezeigt, dass Werbung junge Menschen zum Rauchen animiert
Erst in dieser Woche hat die Drogenbeauftragte der Bundesregierung, Marlene Mortler (CSU), wieder auf ein Außenwerbeverbot für Tabakwaren gedrängt. Ihr läuft die Zeit davon, denn der Gesetzentwurf müsste in den nächsten Wochen im Bundestag aufgerufen werden, wenn es noch vor den Wahlen im September klappen soll. Vom Jahr 2020 an wäre die Außenwerbung dann verboten, auch Kinowerbung wäre nur noch bei Filmen ab 18 Jahren erlaubt. Und Zigaretten, Tabak zum Selbstdrehen und Wasserpfeifentabak zum Beispiel dürften nicht mehr kostenlos abgegeben werden.
Es ist höchste Zeit. Schließlich sind die Ziele der Tabakwerbung offensichtlich: Sie soll junge Nichtraucher zum Rauchen bringen und Rauchern den Ausstieg aus der Sucht erschweren. Studien haben längst gezeigt, dass vor allem junge Menschen durch Werbeplakate zum Rauchen animiert werden.
Bereits im September 2016 appellierten mehr als hundert Professorinnen und Professoren aus der Medizin an die Mitglieder des Bundestages, die bestehenden Tabakwerbeverbote auszuweiten. Die Unterzeichner des Aufrufs kommen aus Fachbereichen wie der Lungenheilkunde oder der Krebsmedizin, in denen Ärzte besonders häufig Patienten mit tabakbedingten Erkrankungen behandeln müssen. Rund 120 000 Menschen pro Jahr sterben an den Folgen des Rauchens in Deutschland. Das ist so, als würden alle Einwohner Würzburgs oder Ulms dahingerafft.
Was nützt es, Projekte zur Tabakprävention für Schulen zu entwickeln, wenn die Zigarettenindustrie weiterhin deutsche Innenstädte mit Plakatwänden bestücken darf, fragt Mortler - zu Recht. Oder um es mit einer Kampagne des Tabakgiganten Philip Morris zu sagen: Don't be a maybe.