Süddeutsche Zeitung

Zähneputzen:Mundhygiene zwischen nützlich und Nepp

Elektrische oder herkömmliche Zahnbürste? Fluorid lieber meiden? Und was taugt die professionelle Zahnreinigung? Tipps, wie Sie gesunde Zähne zum vernünftigen Preis behalten.

Von Berit Uhlmann

Die Zähne perfekt rein zu bekommen ist schwieriger als gedacht. Sechs Fragen und Antworten zur optimalen Zahnpflege:

Welche Zahnbürste ist die beste?

Elektrische Zahnbürsten scheinen die Zähne etwas gründlicher zu reinigen. Die Cochrane Collaboration, die sehr strenge Kriterien bei ihren Auswertungen anlegt, kam zu dem Schluss, dass die batteriebetriebenen Geräte elf Prozent mehr Plaque entfernen als die traditionellen Bürsten. Nach drei Monaten verzeichneten die Anwender der elektrischen Exemplare 21 Prozent weniger Beläge.

Zwischen den einzelnen Geräten gibt es allerdings große Unterschiede. In der jüngsten Untersuchung von Stiftung Warentest schnitten nur fünf von zehn gut ab - darunter sowohl die mit 179 Euro teuerste Bürste als auch zwei recht preiswerte Exemplare. Testsieger war ein Gerät der Firma Braun, das 76 Euro kostete.

Welche Zahnpasta ist die beste?

Stiftung Warentest gibt den meisten Universal-Zahnpasten gute und sehr gute Noten. Als mangelhaft bewerteten die Tester in den Untersuchungen der vergangenen Jahre einige Naturkosmetik-Produkte, die kein Fluorid enthalten. Es gilt als erwiesen, dass Fluorid die Zähne widerstands­fähiger gegen Säuren macht und damit Karies vorbeugt.

Allerdings kursieren immer wieder Gerüchte, die Substanz sei giftig. Doch um ernsthafte Schäden zu erleiden, müssten Erwachsene Mengen aufnehmen, die durch die tägliche Verwendung von fluoridhaltiger Zahnpasta nicht ansatzweise erreicht werden. Es droht auch dann keine Gefahr, wenn zusätzlich noch angereichtertes Mundwasser und Salz verwendet werden, wie das Bundesinstitut für Risikobewertung vorrechnet. Bei Kleinkindern, die Zahnpasta häufiger verschlucken, kann Fluorid zu weißlichen Verfärbungen an den Zähnen führen. Dies ist kein Gesundheits-, sondern ein kosmetisches Problem, über das Eltern mit dem Zahnarzt sprechen sollten.

Welche Putz-Technik ist die beste?

Es gibt viele unterschiedliche Empfehlungen für die Handhabung der Bürste - kreisen, streichen, schwingen, vibrieren - aber keine hat ihre Überlegenheit wissenschaftlich bewiesen. In Studien schnitten auch Menschen sehr gut ab, die gar keine spezielle Methode anwandten. Das wichtigste ist, alle Zähne von allen Seiten gleich gründlich zu reinigen. Damit aber hapert es bei vielen Menschen.

Renate Deinzer, Medizinpsychologin der Universität Gießen, die mehrere Studien zur Mundhygiene durchgeführt hat, empfiehlt daher ein systematisches Vorgehen - etwa erst alle Innen-, dann die Außen- und die Kauflächen jeweils von hinten nach vorne zu putzen. "Eine ganz kritische Stelle ist gerade bei Erwachsenen der Übergang vom Zahn zum Zahnfleisch. Die Zahnbeläge dort werden oft gar nicht erreicht", sagt die Expertin. Beim Putzen sollte man also darauf achten, dass die Zahnbürste bis an den Zahnfleischrand gelangt. In der Regel werden zwei bis drei Minuten Zähneputzen empfohlen.

Brauche ich Zahnseide?

Tatsächlich sind Beweise für die Maßnahme so dünn wie der Faden, der durch die Zwischenräume des Gebisses gezogen werden soll. Im vergangenen Jahr strichen die US-Behörden die Zahnseide offiziell aus ihren Empfehlungen. Die Bundeszahnärztekammer mag sich dagegen nicht von dem Utensil trennen. "Allein im Praxisalltag zeigt sich, dass Zahnseide ein brauchbares Hilfsmittel für die Reinigung der Zahnzwischenräume ist. Denn die Zahnbürste reinigt nur etwa 70 Prozent der Zahnoberfläche". Größere Zwischenräume könnten mit Interdentalbürsten gereinigt werden. Ist der Spalt eng, "erscheint Zahnseide nach wie vor die beste Lösung, um Beläge zu entfernen", so die Kammer in einer Stellungnahme.

Es kommt demnach auf die Platzverhältnisse im Gebiss an - ebenso wie auf die Technik der Anwender. Denn viele Laien benutzen die Zahnseide nicht korrekt und richten mehr Schaden als Nutzen an, indem sie beispielsweise das Zahnfleisch verletzten. Renate Deinzer rät Patienten, sich die Anwendung in der zahnmedizinischen Praxis zeigen zu lassen.

Brauche ich die professionelle Zahnreinigung?

Der IGeL-Monitor, der Selbstzahler-Leistungen für Kassenpatienten bewertet, bezeichnet die Wirkung der Profi-Zahnpflege als unklar. Es gibt keine Untersuchung, die den Nutzen der Maßnahme belege. Das Vorgehen der Anbieter scheint auch nicht einheitlich zu sein, zumindest reichen die Preise dem Portal zufolge von 35 bis 120 Euro. Die Empfehlungen zur Häufigkeit schwanken zwischen ein- bis viermal jährlich. Auf der anderen Seite ist kein Schaden durch die Zahnreinigung zu erwarten. Wer sich damit wohlfühlt, kann sie sich leisten.

Ist Kaugummi hilfreich für die Zähne?

"Kaugummi hat tatsächlich Vorteile für die Zahngesundheit", sagt Dietmar Oesterreich, Vizepräsident der Bundeszahnärztekammer. Das Mahlen der Kiefer regt den Speichelfluss an. Die Spucke reinigt die Mundhöhle, neutralisiert Säuren und fördert die Remineralisierung der Zähne. Sie hilft also, verlorengegangene Mineralien in den Zahnschmelz wieder einzulagern und ihn damit widerstandsfähiger zu machen. Der Experte empfiehlt, zur Vorbeugung von Karies vor allem nach dem Essen Kaugummi zu kauen. Jedes Produkt, das keinen Zucker enthält, sei geeignet. Die meisten handelsüblichen Kaugummis sind heute zuckerfrei.

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