Krankheiten:Die WHO will den Namen Affenpocken abschaffen

Krankheiten: Die kolorierte Aufnahme zeigt Partikel des Affenpockenvirus unter einem Transmissionselektronenmikroskop.

Die kolorierte Aufnahme zeigt Partikel des Affenpockenvirus unter einem Transmissionselektronenmikroskop.

(Foto: Niaid/dpa)

Stattdessen soll die Erkrankung jetzt Mpox heißen - zumindest im Englischen. Über die korrekte Benennung von Krankheiten, die sich als ungeahnt schwierig erweist.

Von Berit Uhlmann

Während die Zahl der Affenpockenfälle weltweit enorm zurückgeht, hat sich die Weltgesundheitsorganisation (WHO) entschlossen, den Namen der Krankheit zu ändern. Die englische Bezeichnung "Monkeypox" soll nun durch den Begriff "Mpox" ersetzt werden. Der Name wurde von einem Gremium gewählt, dem Vertreter aus 45 Ländern angehörten.

Die WHO teilte am Montag mit, dass der Wunsch nach einer neuen Bezeichnung an sie herangetragen worden sei. Es habe Berichte gegeben, dass das Wort Affenpocken auf rassistische und stigmatisierende Weise verwendet worden sei. Die Erkrankung ist in Teilen Afrikas endemisch. Außerhalb des Kontinents infizierten sich bislang vor allem homosexuelle Männer.

Auch wissenschaftlich gesehen ist der Name Affenpocken kein Glücksgriff. Er geht auf den Umstand zurück, dass die Erkrankung 1958 erstmals bei Laboraffen und erst 1970 bei Menschen entdeckt wurde. Heute geht man davon aus, dass ausgerechnet die namensgebenden Affen gar keine große Rolle bei der Übertragung des Virus spielen.

Die WHO ist für die Benennung menschlicher Erkrankungen zuständig. 2015 verpasste sie sich Regularien, nach denen Krankheitsnamen sich nicht auf spezifische Menschen, Gruppen, Regionen oder Tiere beziehen dürfen. Damit sollen Stigmatisierungen, aber auch negative Auswirkungen auf Handel, Reisen oder das Tierwohl vermieden werden. Zugleich legen die Regeln fest, dass Krankheitsnamen auch kurz und leicht auszusprechen sein sollen. All dem gerecht zu werden, erweist sich als erstaunlich herausfordernd.

Noch ist unklar, wie die Affenpocken künftig im Deutschen genannt werden

So benötigte ein von der WHO eingesetztes Expertengremium sechs Wochen, um den Namen "Covid-19" für jene "mysteriösen Lungenentzündungen aus China" zu finden, die damals die Diskussion beherrschten. Die Bezeichnung hatte sich kaum durchgesetzt, als sich Sars-CoV-2 in Varianten aufspaltete, die in der Öffentlichkeit unter Namen wie "englische" oder "südafrikanische" Variante bekannt wurden. Das nächste Gremium brütete dann mehrere Monate lang über der Frage, wie man diese geografischen Anspielungen wieder loswird. Die Mitglieder verwarfen unter anderem die Idee, Fantasienamen zu verwenden, denn es stellte sich heraus, dass vieles, was ausgedacht klingt, tatsächlich irgendwo auf der Welt schon einmal ausgedacht worden war. Ob als Firmen-, Marken-, Orts- oder Familiennamen - etliche Silbenkombinationen erwiesen sich als schon besetzt.

Die Experten entschieden sich schließlich für das griechische Alphabet, was allerdings die Frage aufwarf, wie es weitergeht, wenn dessen 24 Buchstaben aufgebraucht sind.

Die Antwort blieb dem Gremium zunächst erspart, als die Virusevolution bei Omikron stehen blieb. Namenstechnisch ist diese Situation allerdings auch nicht optimal, denn die Omikron-Variante hat sich mittlerweile in eine verwirrende Vielzahl von Subtypen aufgespalten, die wissenschaftliche Bezeichnungen wie B.Q.1.1, BA.2.12.1 oder XBB tragen. In der Öffentlichkeit tauchten derweil Namen wie die "Höllenhund"-Variante auf. Der Vollständigkeit halber sei angemerkt, dass diese Bezeichnung den WHO-Kriterien ganz und gar nicht entsprechen dürfte, denn ganz unabhängig vom Stigmatisierungspotenzial des Wortes "Höllenhund" gilt auch, dass Krankheitsnamen nicht furchteinflößend klingen sollen.

Dennoch muss man festhalten, dass sich die Variantenbezeichnungen entlang des griechischen Alphabets trotz aller Skepsis sehr schnell und breit durchgesetzt haben. Ob dies auch funktioniert, wenn, wie bei den Affenpocken, ein bereits seit Langem verwendeter Name nachträglich geändert wird? Die WHO räumt sich und der Welt schon einmal eine Übergangsfrist von einem Jahr ein, in dem die alte Bezeichnung noch erwähnt werden darf, während sich Mpox langsam etablieren soll. Gleichzeitig soll die Zeit genutzt werden, um Dokumente und Datenbanken zu aktualisieren.

Eine lange Diskussion entspann sich nach Angaben der Behörde um die Frage, wie die Krankheit in anderen Sprachen heißen soll. Wird in Deutschland von den Apocken die Rede sein? Die WHO stellt klar, dass die Verwendung von Mpox nicht auf das Englische begrenzt sein müsse, andernfalls müssten die Länder über passende Übersetzungen entscheiden. Das Robert-Koch-Institut (RKI) kommentiert, dass noch nicht feststeht, "wann und wie genau die WHO-Entscheidung vom RKI umgesetzt wird", und verweist darauf, dass die Frage auch andere Akteure wie Fachgesellschaften betreffe.

Offen ist auch die Frage, wo man die Grenze bei den Umbenennungen zieht. Wenn die Affenpocken nicht mehr erwünscht sind, was wird dann aus den Kuhpocken oder den im englischen "Chickenpox" genannten Windpocken? Der WHO zufolge sollen Neubenennungen eine Ausnahmen bleiben. Doch ausgerechnet die Gattung der Orthopockenviren, zu denen die Kuh- und Affenpockenviren gehören, könnten wiederum eine Ausnahme von der Ausnahme bilden. Denn bei ihnen gibt es schon länger die Bestrebung, unter den Namen einmal gründlich aufzuräumen. Bei der Gelegenheit könnte man auch deutlicher machen, dass die Windpocken, anders als ihr Name vermuten lässt, gar nicht zu den Pockenviren gehören, sondern zu den Herpesviren.

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