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Weltweite Studie:Krebspatienten können auf längeres Leben hoffen

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Von Kathrin Zinkant

Überleben ist vor allem eine Frage der Geografie. Wer die niederschmetternde Diagnose Krebs bekommt, hat trotz des schweren Schicksals bessere Aussichten in Skandinavien und den Benelux-Ländern als anderswo in Europa - und erst recht im Vergleich zu anderen Kontinenten. So leben in Schweden und Dänemark 80 Prozent der Kinder mit einem Hirntumor noch fünf Jahre nach der Diagnose - in Mexiko und Brasilien sind es hingegen weniger als 40 Prozent. Deutschland liegt im weltweiten Ranking bei den meisten Krebsarten zwar im vorderen Drittel, nimmt aber keinen Spitzenplatz ein.

Die umfassende Analyse zum Überleben mit den 18 häufigsten Tumorarten ist im Fachblatt Lancet erschienen. Epidemiologen um Claudia Allemani aus London haben Daten von 37,5 Millionen Patienten aus 71 Regionen ausgewertet, die zwischen 2000 und 2014 erfasst wurden. Ihr Fazit: Patienten überleben Krebs zwar immer länger, doch die Unterschiede zwischen den Ländern sind ziemlich groß.

Die Überlebenschancen sind je nach Organ sehr unterschiedlich

Allerdings kommt es entscheidend darauf an, welches Organ vom Krebs betroffen ist. Mit Pankreas-Karzinom - so heißt der bösartige Tumor der Bauchspeicheldrüse - überleben weltweit weniger als 15 Prozent der Patienten die ersten fünf Jahre nach der Diagnose. Bei anderen Krebsarten mit ungünstiger Prognose haben sich die Aussichten etwas verbessert: So stieg der Anteil der Überlebenden mit Leberkrebs in etlichen Ländern von unter zehn auf bis zu 27 Prozent.

Auch mit Lungenkrebs wurden die Aussichten zwischen 2000 und 2014 etwas günstiger, die ersten fünf Jahre nach der Diagnose zu überstehen, etwa von sieben auf 13 Prozent in Großbritannien und sogar von 23 auf 33 Prozent in Japan.

Günstiger ist die Prognose mit Brustkrebs. In den USA und Australien überleben 90 Prozent der Frauen die ersten fünf Jahre, in Deutschland sind es mittlerweile 86 Prozent - knapp über dem europäischen Durchschnitt von 85 Prozent. Deutlich schlechter sieht es für Frauen mit dem oftmals gut zu behandelnden Tumor hingegen in Russland (71 Prozent) oder Indien (66 Prozent) aus.

Skandinavische Kliniken haben viel in die Versorgung investiert

Die Daten sind allerdings nicht immer zuverlässig, insbesondere bei Krebsleiden, für die eine umfassende Früherkennung angeboten wird. Vielmehr leben immer mehr Patienten fünf Jahre nach der Diagnose nur deshalb noch, weil der Tumor zum Zeitpunkt des Befunds winzig oder ungefährlich war. Zu solchen Überdiagnosen kommt es etwa durch Mammografiescreening und den PSA-Test. "Bislang gibt es noch keine abschließende Bewertung dazu, ob die Früherkennung von Brust- und Prostatakrebs in Deutschland nicht nur die Diagnose vorverlegt, sondern auch das Leben insgesamt verlängert", sagt Benjamin Barnes vom Zentrum für Krebsregisterdaten am Robert-Koch-Institut in Berlin.

Ob sich Überlebensraten aus aller Welt vergleichen lassen, ist jedoch unklar. "Man muss sich anschauen, wie die Daten in den Krebsregistern erfasst wurden, es gibt große Unterschiede", sagt Barnes. Allerdings haben die nordeuropäischen Länder viel in die klinische Versorgung investiert. Wer an Krebs erkrankt, wird zügig untersucht und behandelt. Das ist nicht überall in Europa so - auch in Deutschland nicht immer.

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Quelle:
SZ vom 01.02.2018
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