Virologie:West-Nil-Virus an der Adria

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Der überfüllte Strand der italienischen Badeorte Riccione und Rimini an der Adria (Symbolbild) (Foto: picture alliance / dpa)
  • In Italien haben sich bereits 20 Menschen mit dem West-Nil-Virus infiziert.
  • Auch in früheren Jahren gab es solche Ausbrüche, doch normalerweise häufen sich die Infektionen erst Ende August.
  • Die anhaltende Hitze hilft auch anderen Erregern, sich in Europa auszubreiten.

Von Hanno Charisius

Einige Regionen in Nordostitalien kämpfen zurzeit gegen das West-Nil-Virus. In diesem Jahr wurden bereits 20 Menschen in Italien infiziert, ein 77-jähriger Mann starb am vergangenen Wochenende wahrscheinlich infolge einer Infektion mit dem Erreger. Laut Medienberichten haben die lokalen Behörden Schwierigkeiten, den Ausbruch unter Kontrolle zu bringen.

Infizierte Mücken übertragen den Erreger des West-Nil-Fiebers auf Vögel, Pferde und Menschen. Obwohl in drei Regionen Venetiens bereits Mückenbekämpfungsprogramme angelaufen sind, werden dort noch immer blutsaugende Insekten gefunden, die das Virus in sich tragen.

Die meisten Menschen bemerken eine Infektion mit dem 1937 erstmals beschriebenen Virus gar nicht. Nur einer von fünf infizierten Menschen entwickelt grippeähnliche Symptome. Schwere Komplikationen, die zum Tod führen können, erleidet laut Weltgesundheitsorganisation WHO im Durchschnitt einer von 150 Infizierten.

Irgendwann könnte der Erreger den Sprung über die Alpen schaffen

Der Erreger taucht seit einigen Jahren regelmäßig in Ost- und Südeuropa auf. Dem Europäischen Zentrum für die Prävention und die Kontrolle von Krankheiten (ECDC) wurden bis zur vergangenen Woche 37 West-Nil-Fälle aus EU-Ländern gemeldet. Allerdings treten in diesem Jahr die ersten Infektionen "früher als erwartet auf", sagt Jonas Schmidt-Chanasit vom Bernhard-Nocht-Institut für Tropenmedizin. Bei den herrschenden hohen Temperaturen kann sich das Virus in den Mücken sehr schnell vermehren, was die Ausbreitung beschleunigt. In früheren Jahren stiegen die Infektionszahlen erst im August.

Irgendwann könnte der Erreger den Sprung über die Alpen schaffen. In Deutschland heimische Mücken sind in der Lage, das Virus zu übertragen. Die anhaltend hohen Temperaturen im Norden bereiten Schmidt-Chanasit deshalb "sehr große Sorgen". Der West-Nil-Erreger ist dabei aber nur ein Problem. Andere tragen unheilvolle Namen wie Dengue, Chikungunya oder Usutu-Virus, das sich bereits seit einiger Zeit in Deutschland ausbreitet. Für Vögel ist dieser Erreger tödlich, und fordert laut Schmidt-Chanasit in diesem Jahr weit mehr Opfer als im vergangenen. Menschen kann das Virus ähnlich gefährlich werden wie der West-Nil-Erreger und Hirnhautentzündungen hervorrufen.

Wenn sich Reisende im Ausland mit Dengue- und Chikungunya-Viren infizieren und wenn die Hitze weiter anhält, könnte es auch in Deutschland zu lokalen Ausbrüchen kommen. Denn Mücken, die auch diese Erreger übertragen könnten, leben seit einigen Jahren ebenfalls in Deutschland.

© SZ vom 03.08.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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