Abtreibungsgegner raten von der selbständigen Einnahme der Tabletten ab. Sie seien gefährlich und könnten bei falscher Anwendung ernsthafte Schäden verursachen, warnte Kristi Hamrick, Sprecherin von "Americans United for Life" in der Washington Post.
In Deutschland ist der medikamentöse Abbruch nach einem Beratungsgespräch bis zur neunten Woche möglich, darf aber ebenfalls nur unter ärztlicher Aufsicht erfolgen. Ein Beratungsgespräch ist in Deutschland vor Schwangerschaftsabbrüchen ebenfalls grundsätzlich Pflicht. Die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung weist zudem darauf hin, dass eine Abtreibung mit Pillen psychisch belastend sein kann. Wegen eventueller Kreislaufbeschwerden solle eine Frau nach dem Eingriff nicht allein bleiben.
"Die Pillen in Eigenregie zu nehmen, ist sicherlich gefährlicher als unter ärztlicher Aufsicht", sagt Professor Jon Merz, Medizin-Ethiker an der University of Pennsylvania. "Doch es ist um vieles sicherer als das, was Frauen früher unternommen haben, um eine Schwangerschaft zu beenden."
Eine Studie aus dem Jahr 2015 bestätigt dies. Bei 11 000 in Kalifornien vorgenommenen Schwangerschaftsabbrüchen mit den Präparaten und unter ärztlicher Aufsicht kam es nur in 34 Fällen zu größeren Komplikationen. Daniel Grossman von der University of California, San Francisco (UCSF) schreibt in einem Fachartikel für das British Journal of Obstetrics and Gynaecology sogar, die Pillen und eine Abtreibung zu Hause seien so sicher, dass einem rezeptfreien Verkauf nichts entgegenstünde.
Doch auch wenn eine Abtreibung mit Mifepristone und Misoprostol unter medizinischen Gesichtspunkten unbedenklich erscheint, könnte es für Amerikanerinnen von Gesetzes wegen gefährlich werden. Trump hat im Wahlkampf einmal generell eine Bestrafung für Frauen gefordert, die einen Schwangerschaftsabbruch vornehmen lassen. Später rückte der Präsident von dieser Aussage ab, doch viele Abtreibungsgegner haben genau das im Sinn. In einigen Bundesstaaten ist eine Abtreibung ohne ärztliche Aufsicht explizit illegal. Mindestens 18 Frauen wurden in den USA wegen der Anschuldigung, sie hätten einen Schwangerschaftsabbruch selbst vorgenommen, bereits strafrechtlich verfolgt.
In den USA werden die Betreiber der neuen Website keine Pillen an die Frauen verschicken. Der Schwerpunkt bei Women Help Women liege auf der Beratung, so Jelinska. Der Chat-Verlauf zwischen den Frauen und den Beratern wird zur Sicherheit nach einigen Tagen gelöscht.
Es sei quasi unmöglich, dass Gegner und Befürworter von Abtreibung auf einen gemeinsamen Nenner kämen, sagt Medizin-Ethiker Merz. "Diejenigen, die das Leben des Fötus für unantastbar halten, werde das Recht der Frauen auf Abtreibung niemals anerkennen", so Merz. Dem stehe die Sicht gegenüber, "dass jede Frau die absolute Kontrolle über ihren Körper haben soll", sagt Merz. Beide Seiten sähen ihre jeweilige Position als per Gesetz zu schützendes Menschenrecht.
Das Women-Help-Women-Projekt minimiere zumindest die medizinischen Risiken einer selbst durchgeführten Abtreibung, argumentieren Befürworter. Frauen, die entschlossen seien, eine Schwangerschaft abzubrechen, würden das so oder so versuchen. Dann sei es besser, sie hätten dafür wenigstens fachkundige Beratung.