Urteil zur Alternativmedizin:Patient haftet für falsche Arztrechnung

Viele alternative Heilmethoden sind wirkungslos und trotzdem teuer. Trickst der Arzt bei der Abrechnung gegenüber der privaten Krankenkasse, hat am Ende der Patient das Nachsehen.

Von Ekkehard Müller-Jentsch

Nur tatsächlich gelieferte Leistungen dürfen auch auf der Rechnung stehen - was für Handwerker oder Kaufleute eine Selbstverständlichkeit sein sollte, wird von Ärzten nicht selten ignoriert. Doch für Privatpatienten kann die allzu phantasievolle Rechnungsstellung mancher Mediziner schnell zur Kostenfalle werden. Denn nicht der Doktor wird von den privaten Krankenversicherungen zur Rechenschaft gezogen, wenn die falsche Behandlung auf der Rechnung steht. Vielmehr müssen die Patienten finanziell dafür haften - und das selbst nach etlichen Jahren. Das zeigt ein Urteil des Amtsgerichts München.

Eine Privatpatientin suchte für ihre Leiden Hilfe bei einem auf alternative Methoden spezialisierten Arzt in der Münchner Innenstadt. 2003 behandelte der sie mit einer Bioresonanztherapie. Diese Methode soll angeblich bei Allergien, Rheuma oder chronischen Schmerzen verblüffende Erfolge erzielen - ist jedoch unter Schulmedizinern sehr umstritten.

Das auch als Mora-, Bicom-, Multicom-, Multiresonanz- oder Kippschwingungstherapie bekannte Verfahren erinnert in seiner Handhabung nicht selten an einen Lügendetektortest, die Apparatur an den von Scientology verwendeten E-Meter: Patienten bekommen oft an dünne längliche Dosen erinnernde Metallstangen in jede Hand. So sollen angeblich krankhafte elektromagnetische Schwingungen aufgehoben werden. Fachleute kritisieren seit langem den fehlenden wissenschaftlichen Wirksamkeitsnachweises dieses Behandlungskonzeptes.

In der Arztrechnung, die von der Münchner Patientin bei ihrer Versicherung eingereicht wurde, war aber von Akupunktur- und Infiltrationsbehandlung die Rede. Die Versicherung zahlte zunächst. Im April 2012 erfuhr sie aber, dass die Rechnung so nicht stimmte und forderte den Betrag von der Patientin zurück. Die wehrte sich: Für einen medizinischen Laien sei es nicht nachvollziehbar, ob tatsächlich eine Akupunkturbehandlung oder eine Bioresonanztherapie vorgenommen wurde.

Der Streit kam vor das Amtsgericht und die Richterin gab nun der Versicherung Recht: "Für den Versicherungsnehmer einer privaten Krankenversicherung besteht die Pflicht, die von ihm eingereichte Rechnungen zu überprüfen, ob die darin aufgeführten Leistungen auch tatsächlich durchgeführt wurden." Die Rechnung sei auf ihre Plausibilität zu prüfen und die Versicherung müsse auf etwaige Ungereimtheiten hingewiesen werden. "Dem Versicherungsunternehmen ist es naturgemäß nicht möglich, selbst Einblick in die tatsächlich durchgeführten Behandlungen zu nehmen", meint das Gericht.

Das Urteil (Az.: 282 C 28161/12) ist rechtskräftig.

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