Unnötige Operationen:Gewinnstreben per Skalpell

In Deutschland wird soviel operiert wie nie. Die Kliniken setzen auf Masse und nehmen auch überflüssige Eingriffe in Kauf. Das muss sich ändern. Nötig ist ein Vergütungssystem, das Qualität belohnt.

Ein Kommentar von Guido Bohsem

Manche Operationen werden in Deutschland wesentlich häufiger durchgeführt als in anderen Ländern. (Foto: dpa)

Wer im schönen Kreis Höxter in Nordrhein-Westfalen lebt, ist anscheinend ziemlich arm dran. Denn ganz offenbar leiden dort deutlich mehr Menschen an gravierenden Herzproblemen als beispielsweise in Nürnberg. Nur so lässt sich auf den ersten Blick erklären, dass im Weserbergland die Zahl der implantierten Stromstoßgeräte gegen Herzmuskelstörungen gleich viermal so hoch ist wie in Franken.

Doch trügt dieser Eindruck. Tatsächlich dürfte die Zahl der Herzkranken in beiden Gegenden ungefähr gleich hoch sein. Wie die Krankheit behandelt wird, das ist der Unterschied. Im Kreis Höxter ist die Implantation häufiger das Mittel der Wahl. Das hat nach Meinung der AOK finanzielle Gründe. Diese Operation wird besser vergütet als andere Methoden.

Herz-OPs sind kein Einzelfall. In keinem anderen OECD-Land gibt es so viele Hüft- und Knieoperationen wie in Deutschland, und auch für diesen Rekord gibt es einen wesentlichen Grund: Geld.

Die Kriterien, nach denen die Kliniken ihr Geld erhalten, müssen dringend überarbeitet werden. Das geltende System der Fallpauschalen war zunächst wirtschaftlich sehr erfolgreich. Inzwischen nutzen die Kliniken aber dies aus. Sie setzen auf Masse und nehmen dabei überflüssige Operationen in Kauf. Das muss sich ändern. Nötig ist eine Vergütung, die eine hohe Qualität der Behandlung deutlich besser honoriert als eine weniger hohe.

© SZ vom 08.12.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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