Unkrautvernichtungsmittel:Glyphosat in Muttermilch nachgewiesen

  • In 16 Muttermilch-Proben wurden Rückstände des Pflanzenschutzmittels Glyphosat entdeckt, die über den für Trinkwasser erlaubten Grenzwerten liegen.
  • Das Mittel steht im Verdacht, krebserregend zu sein, das Bundesinstitut für Risikobewertung geht nicht von einer Gefährdung aus.
  • Grüne Politiker fordern, das weltweit sehr verbreitete Pestizid bis auf Weiteres aus dem Verkehr zu ziehen.

Glyphosat in Muttermilch-Proben gefunden

Rückstände des umstrittenen Pflanzengifts Glyphosat sind bei einem Test im Auftrag der Grünen in Muttermilch nachgewiesen worden. In einer stichprobenartigen Untersuchung von 16 Muttermilch-Proben fanden sich in allen Rückstände des Unkrautvernichtungsmittels, wie die Grünen mitteilten. Dabei wurden Glyphosat-Mengen zwischen 0,210 und 0,432 Nanogramm pro Milliliter Milch gemessen - für Trinkwasser sind den Angaben zufolge 0,1 Nanogramm zulässig. Auch im Urin der 16 Frauen fanden die Forscher hohe Rückstände des Pflanzengiftes. Nach Angaben der Partei wurden die Proben in verschiedenen Bundesländern von Müttern im Alter zwischen 30 und 39 Jahren entnommen, die alle keine Anwenderinnen von Glyphosat - beispielsweise Landwirtinnen - sind.

Umstrittenes Pflanzenschutzmittel

Angesichts der gefundenen Rückstände warnen die Grünen vor möglichen Gesundheitsrisiken. Das Pflanzenschutzmittel ist seit vielen Jahren umstritten. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) stufte es im März als "wahrscheinlich krebserregend" ein. Hingegen hatte das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) Anfang 2014 erklärt, Glyphosat sei weder krebserzeugend noch schädlich für die Fortpflanzung oder das Kind im Mutterleib.

Grüne fordern Entzug der Zulassung

"Ich hätte nicht mit solch hohen Rückstandswerten in der Muttermilch gerechnet", sagt Irene Witte, ehemalige Professorin am Institut für Biologie und Umweltwissenschaften der Universität Oldenburg, "da Glyphosat stark wasser- und nicht fettlöslich ist." Aus 16 Proben könne man keine endgültigen Schlüsse ziehen, aber sie seien ein erster Hinweis. Sie forderte, die Untersuchungen dringend auf mehr Frauen auszuweiten und dabei auch deren Ernährungsgewohnheiten zu betrachten. "Die Ergebnisse zeigen vor allem eines: Glyphosat ist allgegenwärtig", erklärte Harald Ebner, Sprecher für Gentechnik- und Bioökonomiepolitik der Grünen im Bundestag. Er forderte die Bundesregierung auf, die Zulassung von Glyphosat auszusetzen, bis "die Gesundheitsrisiken dieses Gifts klar geklärt" seien.

Das am weitesten verbreitete Pflanzengift

Glyphosat ist weltweit einer der am meisten eingesetzten Wirkstoffe in Unkrautvernichtungsmitteln und das am weitesten verbreitete Pflanzengift. Es blockiert ein Enzym, das für die Proteinsynthese in Pflanzen zuständig ist. Es tötet jede Pflanze, die nicht gentechnisch so verändert wurde, dass sie den Einsatz des Herbizids überlebt. In Deutschland kommt das Mittel Schätzungen zufolge auf 30 bis 40 Prozent der Ackerflächen zur Anwendung. Ende des Jahres läuft die Genehmigung der Europäischen Union für Glyphosat aus, der Wirkstoff soll für eine Verlängerung neu geprüft werden.

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