US-Wahlen:„Trump wird die öffentliche Gesundheit ruinieren“

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Mit Geld aus den USA werden bislang auch Impfkampagnen in anderen Ländern finanziert. (Foto: ARIF ALI/AFP)

Die USA spielen seit jeher eine herausragende Rolle in der globalen Gesundheit. Was folgt aus der Wahl von Donald Trump? Experten befürchten, dass seine wissenschaftsfeindliche Regierung wichtigste Gesundheitsbehörden schwächen wird.

Von Berit Uhlmann

Wie muss man es sich vorstellen, wenn einer der größten Impfgegner dieses Planeten sich künftig in den USA im Gesundheitsbereich „austoben“ darf? Mit diesem Wort verkündete Donald Trump vor seinem Wahlsieg, dass er dem Verschwörungserzähler Robert F. Kennedy Jr. eine „große Rolle“ in der Gesundheit geben würde.

Nun ist klar, dass der Neffe des ehemaligen Präsidenten John F. Kennedy Gesundheitsminister werden soll. Allein diese Personalie lässt Fachleute das Schlimmste befürchten.

Trump, der sich in seiner ersten Amtszeit noch von erfahrenen Experten wie Anthony Fauci beraten ließ, wird nun wohl die wissenschaftsfeindlichste Regierung in der Geschichte des Landes haben, schrieb Lawrence Gostin, Experte für globales Gesundheitsrecht an der Georgetown University in Washington D.C. schon vor einigen Tagen auf X: „Trump wird die öffentliche Gesundheit ruinieren, Misstrauen säen und falschen Gesundheitsinformationen zu großer Verbreitung verhelfen.“

Trump selbst hat nicht die Macht, Impfungen oder andere Maßnahmen des Gesundheitsschutzes zu verbieten, stellte Gostin klar. Dies obliege den Bundesstaaten. Aber die Staaten orientieren sich an Standards, die die maßgeblichen Institutionen des Landes setzen: die Seuchenschutzbehörde CDC (Centers for Disease Control and Prevention) zum Beispiel, die Arzneimittel-Zulassungsbehörde FDA, die National Institutes of Health oder die Umweltschutzagentur EPA. Und diese Institutionen könnte Trump empfindlich schwächen.

Nicht nur der künftige Präsident, auch 60 Prozent der Republikaner haben kaum oder gar kein Vertrauen in diese Einrichtungen. Mehr als die Hälfte hält deren Arbeit für mittelmäßig bis schlecht, fassten Harvard-Forscher kürzlich im New England Journal of Medicine zusammen. Die Autoren halten es daher für wahrscheinlich, dass diese Behörden künftig finanziell und personell schlechter ausgestattet sein werden. Dies könnte weit über die USA hinaus wirken. Die Entscheidungen der Institutionen werden weltweit wahrgenommen. Die CDC spielen zudem eine wichtige Rolle in der globalen Überwachung von Krankheiten. Aktuell sind sie mit 1700 Beschäftigten in mehr als 65 Ländern vertreten.

Trump dürfte der WHO erneut den Rücken kehren

Auch von der Weltgesundheitsorganisation WHO halten Trump und die Republikaner nicht viel. 70 Prozent von ihnen bewerten deren Arbeit negativ. In seiner vorherigen Amtszeit hatte Trump die Mitgliedschaft seines Landes in der UN-Behörde aufgekündigt. Er tat dies jedoch so spät, dass der Schritt kaum mehr konkrete Auswirkungen hatte. Diesmal aber könnte der künftige Präsident den Bruch früher vollziehen. Das wäre nicht nur ein erneutes negatives Signal für die internationale Zusammenarbeit in der Gesundheit. Der Organisation würde damit auch einer ihrer wichtigsten Geldgeber wegbrechen. Die USA zahlten im Jahr 2022 nach Regierungsangaben mehr als 800 Millionen US-Dollar an die WHO. Das entspricht etwa einem Viertel des Budgets, das die Organisation für jenes Jahr avisiert hatte.

Andere Institutionen müssen nun ebenfalls um Teile ihrer Finanzierung fürchten. Die USA haben 2022 knapp 180 internationale Organisationen unterstützt. Milliardenbeträge flossen unter anderem an das Welternährungsprogramm und den Globalen Fonds zur Bekämpfung von Aids, Tuberkulose und Malaria.

Wie schlimm es für sie kommen wird, ist noch nicht abzuschätzen. „Die Finanzierung der größten globalen Gesundheitsprogramme wird letztlich vom Kongress beschlossen“, betont der US-amerikanische Public-Health-Forscher Daniel Bromberg, der derzeit Humboldt-Forschungsstipendiat in Berlin und Heidelberg ist. „Viele globale Gesundheitsprogramme waren in der Vergangenheit sowohl bei den Republikanern als auch bei den Demokraten beliebt, und viele dienen den Interessen beider Parteien, sodass ein Großteil der Finanzierung wahrscheinlich weiterlaufen wird.“

Dennoch werde die „America First“-Politik der neuen Regierung wahrscheinlich fortsetzen, was in Trumps erster Amtszeit geschah. Damals seien die Mittel für die globale Gesundheit insgesamt erheblich gekürzt und neu verteilt worden. Da nun beide Teile des Kongresses von den Republikanern kontrolliert werden, von denen viele angedeutet haben, dass sie der Führung des Weißen Hauses folgen werden, müsse man laut Bromberg damit rechnen: „Änderungen in der globalen Gesundheitspolitik könnten schnell erfolgen und tiefgreifend sein.“

Die Abtreibungspolitik belastet Hilfsorganisationen

Auch die restriktive Abtreibungspolitik, die Trump und viele Republikaner vertreten, könnte Folgen weit über das Land hinaus haben. Berüchtigt ist die sogenannte Global Gag Rule, die seit den 1980er-Jahren von mehreren republikanischen Präsidenten in Kraft gesetzt und von ihren demokratischen Nachfolgern immer wieder abgeschafft wurde. Sie besagt, dass Organisationen, die Abtreibungen anbieten oder auch nur darüber informieren, keinerlei Mittel der US-Regierung bekommen dürfen. Trump hatte diese Regel in seiner ersten Amtszeit nicht nur wieder eingeführt, sondern noch verschärft. Sie galt nun nicht mehr nur für Organisationen der Familienplanung, sondern alle Gesundheitseinrichtungen. Eine Klinik in einem ärmeren Staat, die gelegentlich auch über Möglichkeiten der Abtreibung informiert, durfte damit keine öffentlichen Gelder aus den USA mehr bekommen.

Einrichtungen gaben daher – zum Teil auch durch Verwirrung über die tatsächlichen Regeln – entweder den Bereich der Familienplanung oder andere, traditionell mit US-Geld finanzierte Programme wie die HIV-Prävention auf. Forschende zeigten, dass es in der Folge zu mehr unerwünschten Schwangerschaften, zum Teil sogar zu mehr Abtreibungen kam. Schätzungen zufolge stieg die Mütter- und Kindersterblichkeit, ebenso wie die Zahl der HIV-Infektionen.

„Unter der vorangegangenen Trump-Regierung führte die Wiedereinführung der Global Gag Rule zu schätzungsweise 360 000 neuen HIV-Infektionen in nur vier Jahren“, sagt Jennifer Sherwood, Forschungsdirektorin bei der Non-Profit-Organisation Amfar, die sich für die HIV-Forschung engagiert. „Die USA sind seit Langem führend in der globalen HIV-Finanzierung und stellten 68 Prozent aller Mittel im Jahr 2022 bereit.“

Trumps Wahlkampfrhetorik lasse jedoch vermuten, dass er dieses Engagement zurückfahren und Anti-Abtreibungs-Maßnahmen wie die Global Gag Rule wieder ausweiten werde. Dies, so die Wissenschaftlerin, „wäre katastrophal für die HIV-Bekämpfung und würde die Gemeinschaften weltweit destabilisieren“.

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