Tipps für den Einkauf von Schokolade:Schwarz, schmal, schlicht

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Ist in vielen Formen und Sorten auf dem Markt: Schokolade. Doch nicht alle sind gleich empfehlenswert. (Foto: REUTERS)

Europas amtliche Lebensmittelschützer halten Schokolade neuerdings für gesund. Ein Freispruch für die vorweihnachtliche Schlemmerei? Welcher Etikettenschwindel Verbrauchern droht und wie sinnvoll Bio-Schokolade ist. Empfehlungen, mit denen Sie klüger einkaufen.

Berit Uhlmann

Mehr als 40.000 Artikel liegen in einem durchschnittlichen deutschen Supermarkt aus. Welche davon taugen etwas? Was nützt, was schadet der Gesundheit? Wie sinnvoll sind Bio-Nahrungsmittel und welche Werbefallen stellt die Lebensmittelindustrie dem Konsumenten? In regelmäßiger Folge bewerten wir hier weit verbreitete Lebensmittel für Sie. Teil 1: Schokolade.

Der zarte Schmelz aus Kakao und Zucker könnte sich demnächst fast ohne schlechtest Gewissen genießen lassen. Denn die Chancen stehen gut, dass das lange als Dickmacher verteufelte Naschwerk in Zukunft als gesundheitsförderlich beworben werden darf. Die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (Efsa) sprach sich in diesem Jahr dafür aus, dass Hersteller künftig die Formulierung: "Kakao trägt zu einem gesunden Blut-Kreislauf bei" auf die Verpackung drucken dürfen. Die Prüfer halten es für ausreichend belegt, dass etwa zehn Gramm dunkle Schokolade pro Tag einen positiven Effekt auf die Blutgefäße haben. Die endgültige Entscheidung über die Zulässigkeit der Werbung muss die Europäische Kommission treffen.

Bevor man sich nun täglich Schokolade auf die Zunge legt, muss man wissen, dass die EFSA als nicht besonders kritisch und für ihre Nähe zur Lebensmittelindustrie bekannt ist. Und, dass die Studienlage so eindeutig nicht ist.

Brian Buijsse vom Deutschen Institut für Ernährungsforschung in Potsdam-Rehbrücke hat in einer großen Beobachtungsstudie gesundheitliche Vorteile für Schokoladenesser gefunden. Eine generelle Empfehlung für den täglichen Schokoladenkonsum möchte er dennoch nicht geben. "Wir haben zwar deutliche Hinweise, dass die Flavanole im Kakao die Blutgefäße flexibel halten können. Sie können dadurch wahrscheinlich Bluthochdruck vorbeugen und den Blutdruck senken. Dennoch fehlen Langzeiterfahrungen und große Interventionstudien."

Von solchen Untersuchungen, bei denen Versuchsteilnehmer Kakao nach Anweisung der Forscher zu sich nehmen und anschließend mit einer Kontrollgruppe ohne Kakaokonsum verglichen werden, gab es bis zum Sommer genau 20, die strengen wissenschaftlichen Kriterien gerecht wurden. Insgesamt kamen sie auf 850 Versuchsteilnehmer, die meisten Versuche dauerten zwischen zwei und acht Wochen. Die Erkenntnisse dieser Untersuchungen: Der Blutdruck könnte sich um etwa zwei bis drei Werte (mm Hg) senken lassen. Und: Es bleiben viele Fragen offen.

So ist nicht klar, wie lange man Schokolade essen muss, um zu profitieren und ob zum Beispiel Kinder schon einen Vorteil durch die Nascherei haben. Unsicher ist auch, ob die Kakao-Wirkung am Ende tatsächlich Herzinfarkte und Schlaganfälle verhindern kann, denn dies ist das Ziel einer Blutdrucksenkung. Und schließlich bleibt die Frage: Schaffen es die Menschen, sich auf ein Zehntel der Schokoladentafel pro Tag zu beschränken? Oder greifen sie angesichts des vermeintlichen Freispruchs für die Leckerei nur noch herzhafter zu und erhöhen damit ihr Risiko für Übergewicht und möglicherweise auch für Diabetes?

Sicher ist, dass nur dunkle Schokolade mit einem Kakaoanteil von etwa 70 bis 80 Prozent ausreichende Mengen der möglicherweise gesunden Flavanole aufweist. "Bei heller Schokolade wurde die positive Wirkung auf die Gefäße nicht beobachtet", sagt Buijsse.

Außerdem ist es ratsam, auf schlichte Tafeln ohne Füllungen zurückzugreifen. Denn die zuckerhaltigen Cremes im Inneren der Schokolade treiben die ohnehin hohe Kalorienzahl (im Durchschnitt 520 Kilokalorien) noch weiter in die Höhe - in der Regel, ohne irgendeinen Nährwert zu bieten.

Wenn Sie eine Schokoladentafel kaufen, zahlen Sie durchschnittlich acht Cent für die Werbung des Herstellers. Dieser Betrag ist höher als der Kakaopreis der Tafel. Laut Foodwatch wurden im Jahr 2011 fast 700 Millionen Euro für Süßwaren-Reklame ausgegeben - etwa 100 Mal mehr als das gesamte Werbebudget für Obst und Gemüse. Nur so ist zu erklären, dass sich absurde Ideen durchsetzen, etwa die Annahme, mit der Schokolade bekämen Kinder eine Extra-Portion wertvolle Milch.

"Man kann Schokolade beim besten Willen nicht als Milchlieferanten empfehlen", sagt Armin Valet von der Verbraucherzentrale Hamburg. Mit der Angabe "mit viel Calcium" darf Schokolade geschmückt werden, wenn sie pro 100 Gramm mindestens 240 Milligramm des für die Knochen wichtigen Elements enthält. Doch auch bei diesem Wert müsste ein Grundschulkind fast vier Tafeln Schokolade essen, um seinen Tagesbedarf an Calcium zu decken. Dann hätte es aber auch etwa 200 Gramm Zucker verschlungen und insgesamt deutlich mehr Kalorien aufgenommen, als es am Tag braucht.

Anders als die Werbung suggeriert, sind Milch- und Joghurtschokoladen auch nicht kalorienärmer als andere Sorten. Joghurtschokoladen sind sogar noch kalorienlastiger, da der Füllung noch zusätzlich Zucker und pflanzliche Fette beigefügt werden. So bringt es die vermeintlich leichte Yogurette auf 568 Kilokalorien, eine einfache Schokoladentafel im Schnitt auf 520.

Noch abwegiger ist der Gedanke, Schokolade könnte Vitamine liefern. Auch wenn manch süße Tafel gleich mehrere Erdbeeren appetitlich arrangiert auf ihrer Verpackung abbildet: "Unsere Untersuchungen haben gezeigt, dass man 100 Tafeln Erdbeerschokolade essen muss, um eine einzige Frucht zu sich zu nehmen", sagt Valet. Da dieses Hundertstel-Stück gefriergetrocknete Erdbeere pro Schokotafel keinerlei Geschmack bietet, wird mit Aromen nachgeholfen.

Das Wort "Aroma" auf dem Etikett ist in der Regel ein schlechtes Zeichen. Denn was an Erdbeeren oder Vanille erinnert, hat mit den Pflanzen nichts zu tun, sondern ist ein mehr oder weniger künstliches Produkt, das Zutaten vortäuscht, die gar nicht vorhanden sind. Aromen, die den Geschmack von Kakao oder Milch nachahmen, sind dagegen in der Schokolade verboten.

Etikettenschwindel bei Lebensmitteln
:In der Werbe-Falle

Vermeintlich fettarmes Hackfleisch, mit Wasser und Mehl gestreckt, ist nicht der einzige Fall von Verbrauchertäuschung. Wer sich gesund ernähren will, tappt leicht in Fallen der Lebensmittelindustrie. Über versteckte Fette, getarnte Zuckerbomben und Obst in winzigen Mengen.

Dass Bio-Produkte per se gesünder seien, ist eine weit verbreitete Ansicht. Oft ist sie falsch - so auch im Falle der Schokolade. Bio-Schokolade ist nicht figurfreundlicher als die konventionelle Schleckerei, sagt Verbraucherschützer Valet. Beide Produkte enthalten im gleichen Maße die Dickmacher Zucker und Fett.

Sinnvoll ist der Griff zur Bio-Schokolade dagegen für alle, denen ökologische Kriterien wichtig sind. Wer sicher gehen will, dass Kakao und Zucker ohne Pestizid-Einsatz gewonnen werden und die Milch nicht von Kühen aus Massentierhaltung stammt, kann sich an das Bio-Siegel halten, rät die österreichische Sektion von Greenpeace, die bereits mehrfach Schokolade untersucht hat.

Auch wer keine Bio-Schokolade mag, kann mit einem aufmerksamen Blick zumindest zwei weit verbreitete Ökosünden vermeiden. Zum einen die überbordenden Verpackungen. Schokoladen, bei denen jede Portion einzeln eingewickelt ist, oder Pralinen mit Unmengen an glänzenden Papieren und Folien sind "ökologischer Nonsens und die reinste Ressourcenverschwendung", moniert Greenpeace.

Einen weiteren Hinweis liefert ein Blick auf die Zutatenliste. Taucht der Begriff "Pflanzenfett" oder eine ganz ähnliche Formulierung auf, ist der Umweltschutz-Organistation zufolge Vorsicht geboten. Oft verbirgt sich dahinter Palmöl, für dessen Herstellung "Urwald in unvorstellbarem Ausmaß vernichtet wird". Bei der Brandrodung zum Anlegen der Plantagen wird zudem viel klimaschädliches CO2 freigesetzt.

Wer ökologisch korrekt einkauft, hat ein weiteres Problem noch nicht gelöst: Denn Bio-Siegel und Umweltschutz-Deklarationen sagen nichts über die ethischen Aspekte eines Produktes aus. Doch gerade die sind im Falle der Schokolade heikel.

Schokolade hat ein Problem, das selbst dem größten Fan den Appetit verderben kann: Für den süßen Riegel, den sich ein Bundesbürger ganz selbstverständlich in den Mund schiebt, hat möglicherweise ein afrikanisches Kind auf einer Kakaoplantage gearbeitet - im Extremfall unter Zwang, ungeschützt großen Mengen an Pestiziden ausgesetzt und mit Werkzeugen, die ein hohes Verletzungsrisiko bergen. Greenpeace zufolge arbeiten etwa 250.000 Kinder unter ausbeuterischen Bedingungen auf westafrikanischen Kakaofarmen. Mehr als die Hälfte von ihnen seien jünger als 14 Jahre.

Wer sicher sein will, dass kein Kinderschweiß an seiner Süßigkeit klebt, sollte zu fair gehandelter Schokolade greifen, rät Greenpeace. Bei allen anderen Herstellern "ist es leider sehr wahrscheinlich, dass der Kakao zu unfairen Bedingungen hergestellt wurde", sagt Claudia Sprinz von der Umweltschutz-Organisation.

Als besonders zuverlässig bewertet Greenpeace die Produkte mit den Siegeln von Fairtrade, Gepa und dem Siegel Hand in Hand, des Naturkost-Herstellers Rapunzel sowie alle Produkte aus Weltläden. Claudia Sprinz fasst es so zusammen: "Wir empfehlen den Kauf von Bio-Schokolade mit Fairtrade-Siegel".

Der Nächste bitte, Richtiges Essen oder richtig essen (Video: Süddeutsche.de)

Weiterführende Informationen:

Was in der Schokolade drin sein darf: Die Kakaoverordnung

Wer an der Schokolade verdient: Eine Publikation des Südwind-Instituts für Ökonomie und Ökumene

Welche Schokolade emfpehlenswert ist: Marktcheck von Greenpeace Österreich

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