Tipps für den Einkauf von Salat:Das Blatt wendet sich

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Salat gibt es heute in großer Vielfalt. Das ist gut so. (Foto: Getty Images)

Keime, Nitrat, Pestizide: Salat scheint mit allerlei Gefahren verbunden zu sein. Doch vieles ist nicht so dramatisch, wie es auf den ersten Blick wirkt. Mehr noch, Nitrat und Mikroorganismen könnten sogar gesundheitliche Vorteile haben - genauso wie die oft verschmähten äußeren Blätter.

Von Berit Uhlmann

Mehr als 40.000 Artikel liegen in einem durchschnittlichen deutschen Supermarkt aus. Welche davon taugen etwas? Was nützt, was schadet der Gesundheit? Wie sinnvoll sind Bio-Nahrungsmittel und welche Werbefallen stellt die Lebensmittelindustrie dem Konsumenten? In regelmäßiger Folge bewerten wir hier weit verbreitete Lebensmittel für Sie. Teil 14: Salat.

Salat oder nicht Salat? Gesundheitsfanatikern ersetzt er das tägliche Brot, andere halten ihn für völlig überschätztes Grünzeug, und zitieren genüßlich den Lebensmittelchemiker Udo Pollmer, nach dem das Gemüse so inhaltslos sei, dass man auch gleich auf einem Papiertaschentuch herumkauen könnte.

Tatsächlich strotzen die Blätter nicht gerade vor Vitaminen. 100 Gramm Kopfsalat beispielsweise bringen es auf etwa zehn Milligram Vitamin C - ein Zehntel der empfohlenen Tagesmenge. Ein Problem?

Nicht für Bernhard Watzl vom Max Rubner-Institut, dem Bundesinstitut für Ernährung: "Vitamine sind nicht das Entscheidende am Salat. Und die meisten Menschen sind ohnehin sehr gut mit Vitaminen versorgt." Er empfiehlt Salat vor allem wegen der sekundären Pflanzenstoffe wie Carotinoide, Flavonoide und Polyphenole, die zur Vorbeugung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen beitragen können.

Einen weiteren Effekt hat Salat für Menschen, die Probleme mit dem Gewicht haben. Die Blätter liefern viel Volumen und gleichzeitig sehr wenig Kalorien. 100 Gramm Kopfsalat bringen es auf etwa 14 Kilokalorien. Damit sättigt das Gemüse ohne dick zu machen. Studien zeigen, dass Salat vor oder während des Hauptganges die Gesamt-Kalorienaufnahme begrenzt und somit zum Abnehmen beitragen kann.

Salate füllen heute ganze Regalmeter in Supermärkten. Wer ratlos vor dem Angebot steht, hat es zumindest bei der Wahl der Sorte einfach: "Greifen Sie zu möglichst unterschiedlichen Sorten", rät Watzl. Die Abwechslung garantiert, dass der Käufer möglichst viele Inhaltsstoffe bekommt.

Frische ist ebenfalls ein Gütekriterium. Doch wie frisch ist frisch? "Solange die Blätter des Salats stabil sind, bekommt der Verbraucher ausreichend Nährstoffe", sagt Watzl.

Entscheidend ist vor allem die Jahreszeit. Wer im Winter einen Kopfsalat aus dem Gewächshaus kauft, hat eine eher bescheidene Ausbeute an Nährstoffen. Er ist dem Experten zufolge besser beraten, Rohkostsalate etwa aus Fenchel, Karotten und Sellerie zuzubereiten. Freilandsalat bietet dagegen deutlich mehr Nährstoffe, da diese unter dem Einfluss der UV-Strahlung gebildet werden.

Das heißt auch: Die äußeren, der Sonne ausgesetzten Blätter enthalten mehr Inhaltsstoffe als das Innere des Kopfes. Das vermeintlich luxuriöse Salatherz ist allenfalls für Kinder zu empfehlen. Sie mögen den milderen Geschmack der inneren Blätter eher, ebenso wie die Aussicht, das Herz zu bekommen. Eltern können kleine Gemüsemuffel damit unter Umständen zum Salatessen überreden.

Bei Erwachsenen aber hält Watzl es für "bedauerlich, dass sie aus Angst vor Rückständen von Pflanzenschutzmitteln die äußeren Blätter meist wegschmeißen". Sie bringen sich damit um dem besten Teil. Nur: Werden wir nicht allenthalben vor Pestiziden gewarnt?

Nach den Zahlen des Bundesamtes für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit, waren 2011 etwa zwei Prozent der untersuchten Salate so stark mit Pflanzenschutzmitteln belastet, dass die gesetzlichen Höchstwerte überschritten wurden. Beim Rucola waren es sieben Prozent.

"Die gesetzlich festgelegten Höchstwerte sind allerdings keine toxikologischen Grenzwerte", sagt Marc Wieland vom Chemischen und Veterinäruntersuchungsamt Stuttgart, das regelmäßig umfangreiche Untersuchungen durchführt. Erst wenn der gesetzliche Grenzwert in etwa um das Zehnfache überschritten wird, könnten gesundheitliche Beeinträchtigungen auftreten, beispielsweise Unwohlsein, Kopfschmerzen oder Magen-Darm-Beschwerden. Solche hohen Mengen an Rückständen sind laut Wieland sehr selten. Weniger als ein Prozent aller Salate seien derart belastet.

Sorgen bereitet manchen Experten jedoch, dass zunehmend mehrere Pestizide gleichzeitig verwendet werden. Im Jahr 2011 wiesen einige Salatproben zehn oder mehr verschiedene Pestizidrückstände auf. Wenig ist darüber bekannt, inwieweit die Wirkungen der verschiedenen Chemikalien sich addieren, potenzieren oder in Wechselwirkung treten. Sie werden bei der Ausweisung der Höchstmengen bislang nur einzeln, nicht aber in Summen ausgewiesen.

Am sichersten gehen Verbraucher, die zu Bio-Produkten greifen. Im Ökolandbau sind chemische Pflanzenschutzmittel verboten. "Wir haben in unseren Untersuchungen festgestellt, dass Bio-Produkte in aller Regel fast komplett rückstandsfrei sind", so Wieland. Geringe Spuren von Pestiziden können nicht ganz ausgeschlossen werden, sie gelangen über die Luft, Wasser oder durch Kontakt mit konventionellem Gemüse an die Bio-Salate.

Unter konventionellen Produkten sind saisonale Freilandprodukte die bessere Wahl. Pflanzen, die unter natürlichen Bedingungen aufwachsen, sind robuster und brauchen weniger Pflanzenschutzmittel, erläutert der Experte. Wer dagegen im tiefsten Winter einen Kopfsalat oder Lollo Rosso aus dem Gewächshaus kauft, handelt sich wahrscheinlich höhere Pestizidrückstände ein.

Nitrat scheint weniger gefährlich als gedacht

Weniger haben Verbraucher vom Nitrat im Salat zu fürchten. Nitrat gelangt durch Kunstdünger, aber auch auf natürliche Weise über den Boden, in die Salatpflanzen. Im Körper kann es in Nitrosamine umgewandelt werden, die lange Zeit als krebserregend galten. Mittlerweile änderte sich diese Einschätzung. "Die Krebsgefahr durch die Aufnahme von Nitrat wurde lange Zeit überschätzt", sagt Eva Frei, Präventionsforscherin am Deutschen Krebsforschungsinstitut. G roße epidemiologische Studien zeigen selbst bei hoher Nitrataufnahme kein erhöhtes Risiko für den lange gefürchteten Magenkrebs.

Es ist sogar nicht ausgeschlossen, dass Nitrat gesundheitliche Vorteile hat. Möglicherweise senkt es den Blutdruck und macht die Muskeln leistungsfähiger. ( Mehr dazu lesen Sie hier). Wer dennoch in Sorge ist, sollte auf Salat im Winter verzichten. Denn wenn Sonnenstrahlung fehlt, können die Pflanzen das Nitrat schlechter verwerten. Es lagert sich damit stärker im Gemüse an.

Es löst zuverlässig Entsetzen aus, wenn bei Untersuchungen Keime auf dem Salat gefunden werden. Dennoch: "Prinzipiell haben wir in Deutschland und der EU einen hohen Qualitätsstandard. Belastungen mit krankmachenden Keimen wie Salmonellen oder Listerien sind sehr selten", sagt Oliver Schlüter, Hygiene-Experte am Potsdamer Leibniz-Institut für Agrartechnik. "Ehec-Erreger, die immer mal wieder im Zusammenhang mit Gemüse genannt werden, wurden auf Blattsalat noch nie nachgewiesen." Und wie beim Nitrat wird auch in diesem Bereich geforscht, ob manche Bakterien nicht sogar positive Wirkungen haben können. Sie könnten das Immunsystem günstig beeinflussen und vor Allergien schützen. ( Mehr dazu erfahren Sie hier)

Doch was ist mit Meldungen, wie die von Stiftung Warentest, wonach viele Blattsalate mit Hefen oder Schimmelpilzen belastet sind? "Solche Kontaminationen verderben in erster Linie den Salat. Damit sind sie erkennbar und weniger gefährlich als der nicht sichtbare Befall durch pathogene Bakterien", sagt Schlüter.

Unappetitlich sind solche Erkenntnisse allemal und letztlich kann niemand an verdorbenen Lebensmitteln gelegen sein. Wer Mikroben in seiner Schüssel möglichst ausschließen will, sollte vorgeschnittene und komplett verpackte Salate meiden. An den Schnittflächen tritt Zellsaft aus und liefert den Mikroorganismen Nährstoffe. Die Feuchtigkeit in den Plastikverpackungen lässt Keime zusätzlich gedeihen.

Alles in allem gibt es keinen Grund, Salate zu meiden. Die beste Wahl sind ganze Köpfe aus saisonaler, heimischer Bio-Produktion. Sie sind auch unter ökologischen Aspekten zu empfehlen. Laut einer Studie der ETH Zürich belastet ein Kilogramm im späten Winter geernter Kopfsalat die Atmosphäre mit etwa sieben Kilogramm CO2 und anderen Treibhausgasen. In der natürlichen Saison von Juni bis November sind es weniger als 0,5 Kilogramm.

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