Tipps für den Einkauf von Fruchtsaft:Was im Saftglas steckt

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Auf dem Gemälde von Fernando Botero sieht es so aus, wie die Konsumenten es sich gerne vorstellen: Fruchtsaft als pures, flüssiges Obst. Doch die Realität sieht oft anders aus. 

(Foto: AFP)

Früchte unklarer Herkunft oder Unmengen an Zucker und Zusatzstoffen: Wer unbedacht ins Flaschenregal greift, bekommt möglicherweise nicht die Qualität, die er sich erhofft hat.

Von Maria Holzmüller

Mehr als 40.000 Artikel liegen in einem durchschnittlichen deutschen Supermarkt aus. Welche davon taugen etwas? Was nützt, was schadet der Gesundheit? Wie sinnvoll sind Bio-Nahrungsmittel und welche Werbefallen stellt die Lebensmittelindustrie dem Konsumenten? In regelmäßiger Folge bewerten wir hier weit verbreitete Lebensmittel für Sie. Teil 8: Fruchtsaft.

Er schmeckt besser als Wasser, löscht den Durst und hat viele Vitamine - so denken zahlreiche Verbraucher, wenn sie zu einem Glas Saft greifen und das Fruchtgetränk mitunter als Obstersatz für zwischendurch zu sich nehmen. Ganz so empfehlenswert ist der Konsum von Fruchtsäften jedoch nicht. In der Produktion gehen Vitamine und Ballaststoffe verloren, ein Glas Saft ersetzt niemals frisches Obst.

Auch was die Menge der enthaltenen Kalorien angeht, lassen sich Verbraucher oft täuschen. Ein Glas Apfelsaft enthält beispielsweise 90 Kilokalorien - genau so viel wie die gleiche Menge Limo. Zudem ergaben Studien, dass der Körper Kalorien, die er in Getränken zu sich nimmt, bei der festen Nahrung nicht einspart. Der oft zugesetzte Zucker tut sein Übriges. Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) empfiehlt deshalb neben kalorienfreien Getränken wie Wasser oder Kräutertees vor allem Saftschorlen aus einem Teil Saft und drei Teilen Wasser.

Nektar, Saft, Direktsaft: Wieviel Obst steckt wirklich drin?

Nektar: Der Fruchtanteil in Nektar beträgt je nach Fruchtsorte 25-50 Prozent. Der Rest sind Wasser und Zucker.

Saft aus Fruchtsaftkonzentrat: Der Fruchtanteil muss 100 Prozent betragen. Dem frischen Saft wird im Ernteland Wasser entzogen, das entstehende Fruchtsaftkonzentrat wird in Tanks nach Deutschland gebracht und dort mit Wasser und eventuell Fruchtfleisch wieder aufgefüllt. Nachteil: "Beim Konzentrieren gehen natürliche Aromen verloren, die dem Saft am Ende wieder zugesetzt werden", erklärt Daniela Krehl von der Verbraucherzentrale Bayern. "Insgesamt wird hier mehr gepanscht als beim Direktsaft."

Bei den Aromen handelt es sich zwar um natürliche Aromen, die bei der Herstellung des Konzentrats separiert werden. "Es ist jedoch nicht vorgeschrieben, dass beispielsweise einem Apfelsaft nur das Aroma wieder zugegeben werden darf, das aus denselben Äpfeln gewonnen wurde wie der Saft, sondern der Apfelsaft kann jedes aus Äpfeln gewonnene Aroma enthalten", betont die Verbraucherzentrale Sachsen. Eine Kennzeichnungspflicht herrscht nicht, weil die Aromen nicht zusätzlich zugefügt werden, sondern zu einem früheren Zeitpunkt aus dem Saft separiert wurden.

Direktsaft: Der Fruchtanteil muss 100 Prozent betragen. Der Saft wird im Herkunftsland gepresst und anschließend pasteurisiert, also kurz erhitzt, um schädliche Mikroorganismen abzutöten. Danach wird er in Blöcken eingefroren, ins Zielland transportiert und dort bei null bis zwei Grad wieder aufgetaut, um danach noch einmal pasteurisiert zu werden.

Fruchtsaftgetränke: Auch wenn das Wort Fruchtsaft im Namen auftaucht - im Getränk selbst ist davon nur wenig enthalten. Der Fruchtsaftgehalt beträgt zwischen sechs und 30 Prozent - zugesetzt werden Wasser, Zucker und Zusatzstoffe wie Säuerungsmittel, Aromen und Farbstoffe.

Woher kommen die Früchte für meinen Saft?

Eine Kennzeichnungspflicht für das Herkunftsland der Früchte gibt es nicht. Zwar steht auf vielen Saftpackungen, wie beispielsweise dem rio d'oro Traubensaft der Hinweis "Im Ernteland verpresst" - wo dieses Ernteland jedoch ist, muss nicht angegeben werden. Auf Nachfrage der Verbraucherzentrale antwortete der Hersteller Jacobi Scherbening GmbH & Co.KG: "Der geographisch nicht näher spezifizierte Begriff ERNTELAND wurde aufgrund verschiedener Herkünfte der Rohwaren gewählt."

Was viele Verbraucher nicht vermuten: Ein Großteil der Früchte für die konventionelle Saftproduktion stammt inzwischen aus China. Gerade in Hinblick auf die dort weniger strengen Regeln zur Verwendung von Pestiziden dürfte das einige Konsumenten beunruhigen.

Eine Recherche der Redaktion der Fernsehsendung quer ergab, dass etwa die Firmen Albi, Aldi, Bauer Molkereiprodukte, Lidl oder Zentis für ihre Produkte Zutaten aus China verwenden. Hohes C, Del Monte und Granini gehörten zu den Marken, die nach eigenen Angaben auf Zutaten aus China verzichten.

Verbraucherschützerin Krehl rät angesichts dieser Ungewissheit zum Kauf von Saft aus der Region. Man erkennt ihn oft an seiner Glasflasche. Denn: "Diese Art der Abfüllung lohnt sich meist nicht, wenn der Saft über lange Wege transportiert werden muss", sagt sie.

  • Ist Bio-Saft besser als konventioneller Saft?

"Saft aus Bio-Produktion hat nicht mehr Vitamine als herkömmlicher Saft, aber dafür wurden weniger Pflanzenschutzmittel verwendet", sagt Verbraucherschützerin Krehl. Ein weiterer Vorteil: Das Herkunftsland der Früchte muss bei Bio-Säften angegeben werden.

Ob nun Direktsaft oder Saft aus Fruchtkonzentrat eine günstigere Ökobilanz aufweisen, ist umstritten. Zum einen müssen die Energiekosten für die Transportwege beachtet werden - was für Produkte aus der Region spricht. Andererseits kam eine Studie der Universität Gießen zu dem Ergebnis, dass Produzenten aus der Region oft weit energieintensiver wirtschaften als Großproduzenten - auch wenn sie Tausende Kilometer weit entfernt sind.

Demgegenüber betont allerdings eine Studie der TU München, dass professionelle regionale Saftproduktion durchaus energiesparender sein kann. Sie kommt zu dem Ergebnis, dass der regionale Transport nur ein Drittel der Energie benötigte und auch die Lärmbelästigung um die Hälfte geringer war. Das Gießener Ergebnis beziehe sich auf ineffizient arbeitende Hobbymostereien.

Negativ für die Umwelt ist der nur in der konventionellen Produktion erlaubte Pestizideinsatz. Bei den Verpackungen sind Tetrapak und Mehrweg-Glasflasche umweltfreundlicher als die Plastikflasche.

Apfelsaft: naturtrüb oder klar?

Er sieht schon gesünder aus, der naturtrübe Apfelsaft. Aber ist er wirklich besser? Was die sekundären Pflanzenstoffe angeht auf jeden Fall, sagt Bernhard Watzl, Leiter des Instituts für Physiologie und Biochemie der Ernährung am Max-Rubner-Institut. Diese Stoffe, die unter anderem Farbe und Aroma einer Frucht bestimmen, brauchen wir zwar nicht zum Überleben, sie haben jedoch nachweislich eine positive Wirkung auf das Herz-Kreislaufsystem - und im trüben Apfelsaft sind davon mehr enthalten als im klaren. Denn: "Die sekundären Pflanzenstoffe sind mit den Trübstoffen verbunden", erläutert Watzl.

"In Studien an Tieren haben wir beim Konsum von trübem Apfelsaft positive Effekte in der Prävention von Dickdarmkrebs nachgewiesen, die sich bei klarem Apfelsaft nicht beobachten lassen", erklärt der Wissenschaftler.

In einer Untersuchung aus dem Jahr 2009 zeichnete Stiftung Warentest acht naturtrübe Apfelsäfte mit dem Prädikat "gut" aus - im Vergleich zu nur drei klaren Säften. "Im Gegensatz zu den klaren sind viele der naturtrüben Säfte im Test reich an Aromastoffen", urteilten die Tester.

Multivitaminsaft: sehr viel zugesetzt

Nach Apfel- und Orangensaft ist der Multivitaminsaft der beliebteste Saft der Deutschen. Seine Vitamine und Mineralstoffe werden dem Saft vor dem Verkauf zugesetzt - nicht aus den Früchten, sondern als synthetische Vitaminmischung.

Gerade im Fall von Folsäure ist das nicht unproblematisch. "Folsäure wird in saurem Milieu, also auch im Fruchtsaft, nach und nach abgebaut. Um also den üblichen Wert von 100 Mikrogramm pro 100 Gramm Saft zum Mindesthaltbarkeitsdatum zu gewährleisten, müssen die Saftproduzenten zu Beginn weit mehr zusetzen", erklärt Thorsten Heuer vom Institut für Ernährungsverhalten am Max-Rubner-Institut.

Welche Folgen diese Praxis haben kann, untersuchte das Institut kürzlich. Dazu wurde der Folsäuregehalt in Multivitaminsäften kurz nach der Abfüllung gemessen. Ergebnis: Im Durchschnitt lag er zu diesem Zeitpunkt 80 Prozent über dem angegeben Wert, nach sechs Monaten noch 15 Prozent darüber, bei Ablauf der Mindesthaltbarkeit leicht darunter. Kurz nach der Abfüllung wäre bei einem Konsum von drei Gläsern Multivitaminsaft, also 600 Millilitern, die von der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit vorgegeben tolerierbare Tageshöchstmenge von 1000 Milligramm Folsäure bereits überschritten.

Das Problem: "Viele Menschen trinken ja nicht nur Multivitaminsaft, sondern essen zudem vielleicht noch Frühstückscerealien oder andere Lebensmittel, die mit Folsäure angereichert sind. Dies kann in der Summe problematisch werden", sagt Ernährungswissenschaftler Heuer. "So kann die Überversorgung mit Folsäure einen Vitamin-B12-Mangel verdecken, aus der eine Schädigung des Nervensystems folgen kann. Auch gibt es Hinweise darauf, dass das Wachstum von Krebsvorstufen gefördert wird."

Auch die Stiftung Warentest bemängelte im März 2012, dass fast alle getesten Multivitaminsäfte deutlich höhere Vitamingehalte aufwiesen, als auf der Verpackung angegeben waren. Schwierig für den Verbraucher: Wann der Saft abgefüllt wurde, kann er in der Regel nicht erkennen. Das Max-Rubner-Institut für Ernährungsverhalten rät deshalb ebenso wie die Stiftung Warentest, Multivitaminsaft nur in Maßen zu konsumieren.

Alle bisher erschienenen Folgen dieser Serie finden Sie hier.

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