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Tipps für Einkauf und Verzehr:Eier aus der Legehölle

Eigentlich ist das Ei ein hochwertiges Nahrungsmittel. Wären da nicht die Skandale - zuletzt um Salmonellen, die offenbar aus Niederbayern stammen. Wie Sie dennoch zu guten Eiern kommen.

Fröhlich bunte Eier, die nicht nur an Ostern in den Geschäften ausliegen, sind in vielen Fällen eine Mogelpackung. Für gekochte und gefärbte Eier gibt es keine Kennzeichnungspflicht, was Herstellern eine wunderbare Möglichkeit eröffnet, selbst die unter abstoßendsten Bedingungen gelegten Eier an den Mann und die Frau zu bringen.

Leider kann auch der Käufer von rohen Eiern nicht ganz sicher sein, dass es in jedem Fall transparent zugeht. Skandale um falsche Deklaration der Eier lassen Verbraucher hilflos zurück. Und selbst ungeachtet dieser Vorkommnisse gilt: Was Eier angeht, ist längst nicht alles, wie es scheint.

Entspannung beim Cholesterin

Dabei erlebte das Ei aus medizinischer Sicht jüngst eine Art Rehabilitation. Lange Zeit galt das Hühnerprodukt als cholesterinsteigernder Übeltäter. Doch Studien zeigten: Gesunde Menschen, die bis zu ein Ei täglich essen, haben kein erhöhtes Risiko für einen Schlaganfall oder eine koronare Herzkrankheit, die zum Herzinfarkt führen kann.

Zwar enthält vor allem das Eigelb recht viel Cholesterin, wie viel der Körper davon aber letztlich aufnimmt, ist individuell sehr unterschiedlich. Ernährungsexperten schätzen Cholesterin inzwischen ohnehin nicht mehr als Gesundheitsgefahr ein. Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung empfiehlt, Eier "in Maßen" zu essen.

Egal, ob alle paar Tage oder nur sonntags: Prinzipiell ist das Ei ein hochwertiges Nahrungsmittel. Es liefert Proteine, sättigt und ist dabei relativ kalorienarm. Prinzipiell sind die Eier im Handel auch von guter Qualität. Ein anderes Kapitel ist, wie es in den Ställen aussieht.

Auch wenn viele Eierverpackungen anderes suggerieren: Mit Pettersson-und-Findus-Charme hat ein heutiges Hühnerleben wenig zu tun. Die verbreiteten Probleme der Hennenhaltung:

Enge

Die größte Legebatterie der Welt steht in Japan. Auf 18 Etagen stapeln sich die Hühnerkäfige in lichtlosen Hallen, beschreibt es der US-Autor Jonathan Safran Foer in seinem Buch: "Tiere essen". Dagegen wirkt fast schon gemütlich, wie Hennen in Deutschland leben. Die konventionelle Käfighaltung ist EU-weit seit 2012 verboten. In Deutschland ist an ihre Stelle die "Kleingruppen-Haltung" getreten. Das klingt hübsch, vor allem wenn man bedenkt, dass die Gruppe mit bis zu 60 Tieren tatsächlich vergleichsweise klein und ihre Umgebung "ausgestaltet" ist: Da gibt es Scharrmatten, Sitzstangen und Nester.

Deutschland ist trotzdem nicht das Land der glücklichen Hühner, in den Käfigen der Kleingruppen herrscht qualvolle Enge. Auf jedem Quadratmeter drängen sich mehr als zwölf Hennen. Eine solche Enge begünstigt Verhaltensauffälligkeiten. Hühner picken ihren Artgenossen die Federn aus und hacken immer wieder auf die blutigen Stellen ein. Selbst Kannibalismus kann vorkommen.

Allerdings haben Käfigeier - zu denen auch die Kleingruppen-Eier gezählt werden müssen - schon seit Jahren ein so schlechtes Image, dass die Hersteller sie kaum mehr offen anbieten. Ihr Anteil an den Verkäufen ist auf gut zwei Prozent gesunken. Stattdessen färben die Hersteller sie als fröhliche Ostereier ein oder verarbeiten sie in Nudeln und Kuchen.

Heute stammen mehr als 60 Prozent aller Eier aus Bodenhaltung. Das klingt erdverbunden, ein Hühnerparadies ist diese Haltung allerdings nicht. Bis zu neun Tiere teilen sich einen Quadratmeter. Etwas mehr Raum gibt es in Freilandhaltung (zusätzlich noch ein Auslauf von vier Quadratmetern pro Huhn) und in Biohaltung (bis zu sechs Hühner pro Quadratmeter und Auslauf von vier Quadratmetern pro Huhn). Ob dieser Platz wirklich ausreicht, ist umstritten.

Schnäbelstutzen

Mit dieser Maßnahme versuchen Landwirte, die Auswirkungen des Federpickens zu reduzieren: Sie stutzen den Vögeln die Schnäbel. Der Schnabel aber ist bis in die Spitzen von Nerven durchzogen. Man geht von einer Art Phantomschmerz bei den Tieren aus, wenn diese Nerven beschädigt sind. Die gekürzten Schnäbel kommen nur in konventioneller Haltung vor.

Kükentötungen

Legehennen sind heute allein auf das Legen von Eiern gezüchtet. Unglücklicherweise schlüpfen aus ihren Eiern nicht nur neue Legehennen, sondern auch männliche Küken. Es sind Geschöpfe, die keiner gebrauchen kann, denn anders als die speziell gezüchteten Masthähnchen setzt der Legehennennachwuchs nicht genug Fleisch an. Dann schlägt die Stunde der "Chicken Sexer", jener Arbeiter, die am Fließband die männlichen Küken ausmustern, um sie ihrer Vernichtung zuzuführen. Die winzigen Vögel werden geschreddert oder mit Kohlendioxid erstickt und anschließend an Zootiere verfüttert. 45 Millionen Küken werden auf diese Art jährlich in Deutschland getötet, berichtet Greenpeace.

Es stellt sich die Frage, ob man als Verbraucher überhaupt noch guten Gewissens Eier genießen kann. Die Tierschutzorganisation Peta glaubt nicht daran. Sie hat mehrfach entsetzliche Zustände auf Hühnerfarmen - selbst in Biohaltung - dokumentiert und kommt zu der radikalen Empfehlung, dass nur eine vegane Ernährung das Leid der Tiere stoppen könne. Experten empfehlen, sich zumindest ein Bild direkt beim Erzeuger zu machen und seine Eier dort zu kaufen.

Tierschutzaspekte sprechen deutlich für die Biohaltung in möglichst kleinen Gruppen. Doch bekommt der Verbraucher damit zugleich ein nahrhafteres, gesünderes und weniger mit Schadstoffen belastetes Ei?

Eier aus Bio- und konventioneller Haltung unterscheiden sich in der Qualität nur wenig. Der deutlichste Unterschied ist äußerlich - und irreführend: Konventionelle Eier haben häufig intensiver gefärbte Dotter. Allerdings ist dies in aller Regel kein Qualitätsmerkmal, sondern ein Zeichen, dass die Industrie mit färbenden Futterzusätzen nachhilft, schließlich assoziieren viele Verbraucher solch sattgelbe Dotter mit Gesundheit und Nahrhaftigkeit. In Biohaltung sind derartige Futterzusätze ebenso wie Futter aus gentechnisch veränderten Pflanzen verboten.

Dioxine kommen überall vor

Vor den verbreitetsten Schadstoffen im Ei, den Dioxinen, sind Biokonsumenten dagegen nicht geschützt. Denn die Chemikalien gelangen längst nicht immer durch gepanschtes Billigfutter in die Hühnerställe, wie beim Skandal 2011. Sie entstehen als Nebenprodukt bei industriellen und natürlichen Verbrennungsprozessen und lagern sich auf Futterpflanzen und in Böden ab. Scharren und picken Hühner im Erdreich, nehmen sie die Dioxine auf. Dies erklärt, warum auch freilaufende und Biohühner immer wieder dioxinbelastete Eier legen.

Dioxine aus Eiern sind dem Bundesinstitut für Risikobewertung zufolge nicht akut gefährlich, sie lagern sich jedoch im Körper an und können sich so auf bedenkliche Werte addieren. Im Tierversuch führten höhere Dosen zu Störungen des Immun- und Nervensystems sowie des Hormonhaushalts.

Schutz vor Salmonellen

Es gibt die Befürchtung, dass Biohühner, die in weniger steriler Umgebung leben als die Käfighühner und keine vorsorglichen Antiobiotika bekommen, häufiger mit Krankheitserregern infiziert sein könnten. Zumindest für Salmonellen auf Bioeiern scheint sich die Furcht nicht zu bestätigen. Dem Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit zufolge sind insgesamt weniger als ein Prozent aller Eier mit Salmonellen belastet - und zwar unabhängig von der Haltungsform der Vögel.

Tierhygieniker der TU München konnten bei Untersuchungen von Hühnern und Eiern auf bayerischen Höfen keine Unterschiede in der Keimbelastung von Bio- und konventionellen Betrieben feststellen. Die Wissenschaftler konnten zugleich zeigen, dass auf Bioeiern und -hühnern deutlich weniger antiobiotikaresistente Keime zu finden sind. Dies ist ein großer Vorteil, denn solche resistenten Bakterien können auch eine Gefahr für den Menschen sein. Infiziert er sich, können ihm viele Antibiotika nicht mehr helfen.

Der Eierkäufer hat kaum Chancen, eine Salmonellen-Kontamination auszuschließen, stark verschmutzte Eier bergen ein größeres Risiko. Es kommt hier auch auf die passenden Hygienemaßnahmen in der heimischen Küche an: Wer eine Salmonelleninfektion sicher ausschließen will, sollte Eier immer durchgaren. Werden Speisen mit rohen Eiern zubereitet, sollten sie nicht älter als zehn Tage sein. Das Alter des Eies erkennt man am Mindesthaltbarkeitsdatum. Es wird auf 28 Tage nach dem Legen festgesetzt. Wenn Sie zurückrechnen, erfahren Sie den Legezeitpunkt.

So können Sie die Frische des Eies testen

Außerdem lässt sich die Frische auch am Ei selbst abschätzen. Je älter das Ei ist, desto mehr Flüssigkeit ist durch die Schale nach außen entwichen und desto größer ist die Luftblase, die an seiner Stelle bleibt. Auf dieser Basis funktioniert der Glastest: Legen Sie ein Ei in ein Wasserglas. Bleibt es am Boden liegen, ist kaum Luft im Ei, das Ei ist also sehr frisch. Richtet es sich leicht auf, ist es mittelalt. Schwimmt es gar obenauf, ist es so alt, das Sie es besser nicht mehr essen sollten.

Alternativ kann man das Alter auch am aufgeschlagenen Ei erkennen: Ein frisches Ei hat ein kugelförmiges Dotter, das Eiweiß steht gallertartig. Zerfließt das Eiweiß weit in die Breite, ist es mindestens schon sieben Tage alt. Ist das Dotter flach und das Eiweiß wässrig, ist es mindestens schon vier Wochen alt.

Weiterführende Informationenen:

Was die Kennzeichnungen bedeuten

Wo Sie Eier ab Hof kaufen können:

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