Statistik der Bundesärztekammer:Ärzte bestätigen mehr als 2200 Behandlungsfehler

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Überlange Arbeitszeiten, Leistungsdruck, mehr Bürokratie: Die Mediziner machen steigende Belastungen für ihre Kunstfehler verantwortlich. Doch für Patientenschützer geht diese Rechnung nicht auf.

2243 Behandlungsfehler haben die Gutachter der Ärzteschaft im vergangenen Jahr bestätigt. Die Zahl, die die Bundesärztekammer am Montag vorlegte, ist leicht rückläufig - im Vorjahr wurden noch 2280 Fehler gezählt. In 1864 Fällen führte eine falsche Diagnose oder Behandlung zu einem Schaden, der einen Anspruch auf Entschädigung rechtfertigte. 77 Menschen starben als Folge eines Fehlers.

Ebenfalls leicht rückläufig ist die Zahl der Beschwerden, die bei den Ärztekammern eingingen. Mehr als 12.000 Patienten wandten sich an deren Schlichtungsstellen, weil sie glaubten, Opfer eines Kunstfehlers geworden zu sein.

Die meisten Beschwerden kamen - wie schon in den Vorjahren - von Patienten mit Knie- und Hüftgelenkarthrosen sowie Frakturen an Unterschenkel und Sprunggelenk. Der Bereich, indem die meisten Fehler bestätigt wurden, war bei den niedergelassenen Ärzten die bildgebende Diagnostik und in den Kliniken die Chirurgie.

Andreas Crusius, Vorsitzender der Ständigen Konferenz der Gutachterkommissionen der Bundesärztekammer, macht vor allem die gestiegenen Anforderungen für Fehler verantwortlich. "So ist die Arbeitsintensität bei weniger zur Verfügung stehenden Arztstunden in den vergangenen Jahren enorm gestiegen", sagte er: "Überlange Arbeitszeiten und ständig wachsender Behandlungsdruck können zu Behandlungsfehlern führen." Zu den "Risikokonstellationen" zählt er auch die immer komplexeren Aufgaben bei immer mehr Arbeitsteilung im Gesundheitssystem.

Zahl der Behandlungen nimmt zu

Zugleich wies Crusius daraufhin, dass die Zahl der bestätigten Fehler über die Jahre weitgehend konstant geblieben ist - obwohl die Zahl der Behandlungen zunahm. 2012 wurden insgesamt 700 Millionen ambulante Behandungen gezählt, 136 Millionen mehr als noch 2004. Gemessen an diesen Daten sei die Fehlerrate verschwindend gering.

Allerdings kranken diese Rechnungen daran, dass Kunstfehler in Deutschland nicht zentral erfasst werden. In der Ärztestatistik sind nur jene Fehler enthalten, die Patienten bei den Schlichtungsstellen der Ärzte melden. Den Verdacht auf Kunstfehler teilen die Patienten aber auch den Krankenkassen mit. Deren Gutachter bestätigten im vergangenen Jahr 3700 Kunstfehler. Hinzu kommen Fälle, bei denen Geschädigte gleich vor Gericht ziehen - oder ihr Schicksal für sich behalten, weil sie den Aufwand scheuen oder gar nicht wissen, dass ein Fehler für ihre Beschwerden verantwortlich ist.

Die Deutsche Stiftung Patientenschutz fordert daher, ein nationales Register der Behandlungsfehler aufzubauen. "Ebenso macht es Sinn, die Behandlungsfehler je nach Einrichtungen einzeln zu veröffentlichen", forderte Vorstand Eugen Brysch: "Die Menschen wollen wissen, was vor Ort los ist." Die Stiftung wirft den Ärzten zugleich vor, es sich mit ihrer Erklärung zu einfach zu machen, dass die hohe Arbeitsbelastung die Ursache für Behandlungsfehler sei. Sie verweist darauf, dass gerade Einrichtungen mit sehr hohen Fallzahlen eine geringere Fehlerquote haben.

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