Gesundheit:Mit Sport abnehmen: Ganz so einfach ist es nicht

Zwei Jogger laufen in einem Park - viele Menschen möchten mit Sport abnehmen.

Viele Menschen möchten mit Sport Gewicht verlieren. Doch der Körper gewöhnt sich schnell an die sportliche Belastung.

(Foto: Christin Klose/dpa-tmn)

Wer abnehmen möchte, macht einfach ein bisschen Sport, und schon purzeln die Pfunde - so die landläufige Meinung. Doch die Sache mit dem Kalorienverbrauch hat so ihre Tücken.

Von Marko Zotschew

Die Rechnung klingt eigentlich ganz einfach: Wer abnehmen möchte, benötigt ein Kaloriendefizit. Wer Sport treibt, verbraucht viele Kalorien. Also müsste man den Kalorienverbrauch auf der Rennstrecke oder im Fitnessstudio nur noch ordentlich ankurbeln, dadurch mehr Kalorien verbrauchen, als man zu sich nimmt - und schon pendelt die Nadel auf der Waage nach links.

Doch wie so oft im Leben: Ganz so leicht ist es nicht. Denn wissenschaftliche Ergebnisse zeichnen ein differenzierteres Bild, was das Abnehmen mit Sport betrifft. Ein Überblick.

Verbrauche ich mit Sport mehr Kalorien?

Ungeübte, die bisher wenig oder gar keinen Sport gemacht haben, kurbeln den Kalorienverbrauch zum Start ihres Trainings deutlich an und können so anfangs auch einiges an Körperfett verbrennen. Dabei hat sich in den vergangenen Jahren unter Sportmedizinern und -wissenschaftlern die Erkenntnis durchgesetzt, dass eine Kombination aus Krafttraining und Ausdauertraining offenbar dauerhaft die besten Ergebnisse für eine Gewichtsabnahme erzielt. Gerade das Krafttraining hat hierbei in den vergangenen Jahren einen höheren Stellenwert gewonnen, da Muskeln auch im Ruhezustand den Stoffwechsel ankurbeln und Kalorien verbrennen.

Allerdings haben Wissenschaftler der City University in New York herausgefunden, dass sich bei zunehmendem Training der Körper mit der Zeit an die viele Bewegung gewöhnt. Das bedeutet, dass bei gleich bleibender Trainingsintensität der Körper weniger Kalorien verbraucht als zu Beginn des Trainings.

Die schwierige Sache mit dem Kalorienverbrauch

Viel Aufsehen erregten zudem die Forschungsergebnisse des Wissenschaftlers Herman Pontzer von der Duke University in North Carolina. Pontzer untersuchte den Energieverbrauch der Hadza, einer Volksgruppe in Tansania, die täglich viele Kilometer zu Fuß absolvieren - Männer bis zu 14 Kilometer am Tag, mehr, als ein durchschnittlicher US-Amerikaner in einer Woche zurücklegt.

Nun liegt die Erwartung nahe, dass die Hadza einen deutlich höheren Kalorienverbrauch haben als eine Person, die täglich im Büro arbeitet. Mittels einer speziellen Untersuchungsmethode konnte Pontzer den Energieumsatz der Hadza sehr genau bestimmen - und kam zu dem überraschenden Ergebnis, dass die Hadza trotz ihrer deutlich höheren körperlichen Aktivität in etwa die gleiche Menge an Energie pro Tag verbrauchen wie inaktive Menschen in den Vereinigten Staaten oder in Europa.

Die Forscher vermuten, dass der menschliche Körper sich mit der Zeit auf die höhere Aktivität einstellt, indem weniger Kalorien für andere, nicht sichtbare Aufgaben wie das Immunsystem oder Stressreaktionen verbraucht werden. "Anstatt den Kalorienverbrauch pro Tag zu erhöhen, veränderte die körperliche Aktivität der Hadza die Art und Weise, wie sie ihre Kalorien verbrauchen", sagt Pontzer.

Mit Joggen abnehmen - geht das überhaupt?

Nach diesem Ergebnis stellt sich natürlich für die meisten nun die Frage: Wenn sich der Körper an die Trainingseffekte schnell gewöhnt, kann man dann mit Sport, zum Beispiel Joggen, überhaupt abnehmen? Die Antwort lautet aus wissenschaftlicher Sicht: Grundsätzlich ja, wobei das Entscheidende auf Dauer nicht das Laufen ist, sondern eine bewusste Ernährung, bei der am Ende des Tages nicht zu viele Kalorien aufgenommen werden. Und auch eine Variation des Trainingsplans kann Abhilfe schaffen, also zum Beispiel neue Übungen oder eine Steigerung der Intensität.

Die Ottobrunner Sportmedizinerin Isabel Fechner sieht Sport auf jeden Fall als einen sinnvollen Bestandteil an, wenn man Gewicht verlieren möchte: "Man kann durch Laufen abnehmen, weil man zusätzliche Kalorien verbrennt, aber nur wenn man die beim Sport vermehrt verbrauchten Kalorien nicht gleich wieder zu sich nimmt." Fechner empfiehlt ein zusätzliches Krafttraining zum Joggen, da mehr Muskeln den Grundumsatz erhöhen. Ebenfalls empfiehlt Herman Pontzer Sport im Rahmen einer Diät: "Körperliche Bewegung scheint tatsächlich dazu beizutragen, dass man nach einem Gewichtsverlust nicht wieder zunimmt."

Krafttraining: Wichtiger Bestandteil beim Abnehmen

Gerade das Muskeltraining hat sich neben Ausdauersportarten wie Joggen, Schwimmen oder Radfahren als wesentlicher Bestandteil erwiesen, um dauerhaft Gewicht zu verlieren. Allerdings kann beim Krafttraining der Blick auf die Waage anfangs trügerisch sein. Denn wer Muskeln aufbaut, bringt damit auch wieder mehr Gewicht auf die Waage.

So lässt sich mit Kraftsport zwar die Fettverbrennung ankurbeln, doch durch die zugleich aufgebauten Muskeln erzielt der Sportler oft keine große Gewichtsreduktion, sondern die Pfunde verteilen sich nur anders. Hier ist unter Umständen ein Blick auf die Taille der bessere Gradmesser - das Gewicht verteilt sich auf andere Körperpartien, wie zum Beispiel Beine oder Oberkörper, während die eigentliche Problemzone am Bauch schmaler wird.

Und: Sport hat einen vorbeugenden Effekt für die Gesundheit. So wirkt sich Krafttraining sowohl positiv auf den Blutdruck als auch den Stoffwechsel aus und verringert unter anderem das Risiko für Herzkrankheiten und Diabetes. Dieser vorbeugende Schutz setzt allerdings nur ein, wenn man die Muskeln regelmäßig beansprucht.

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