Sonnencreme:Lichtschutzfaktor null: Wenn die Sonnencreme versagt

Sonnencreme schützt vor Sonnenbrand im Hochsommer an der Ostseeküste

Bitte gut verreiben, sonst droht hässlicher Sonnenbrand.

(Foto: Jens Büttner/dpa)

Nicht wasser- und schweißbeständig, falsche Angaben zum Lichtschutzfaktor: Viele Sonnencremes schützen zu wenig. Noch dazu werden sie oft falsch angewendet.

Von Werner Bartens

Jugendliche finden es meistens uncool, und für Männer ist es nicht maskulin genug. Deshalb hört man am Strand, im Freibad und auf Campingplätzen vor allem den hellen Singsang junger Mütter, die ihrem Nachwuchs hinterherrufen: "Pauli, du musst dich noch eincremen!" Sonnenschutzmittel sind unter Erwachsenen nur mäßig populär, dabei können sie Hautkrebs verhindern helfen und dazu beitragen, im Gesicht nicht wie ein gegrilltes Reptil auszusehen.

Die Produkte halten allerdings nicht immer das, was sie versprechen. Eine Analyse amerikanischer Hautärzte im Fachblatt JAMA Dermatology von diesem Donnerstag zeigt, dass 40 Prozent der populärsten Produkte nicht die angegebene Schutzwirkung erreichen. Einige kommen nicht auf den erforderlichen Lichtschutzfaktor, die anderen sind - trotz gegenteiliger Behauptung - nicht wasser- oder schweißbeständig. "Über Marketinganpreisungen und kosmetische Details gerät oft der Lichtschutz in den Hintergrund", geben die Studienautoren zu bedenken. "Dermatologen sollten ihre Patienten entsprechend warnen."

Die Hautärzte hatten 65 der populärsten Mittel untersucht und Produkte einbezogen, die beim Online-Händler Amazon die meisten positiven Bewertungen erhielten. Der Preis wirkte sich nicht auf die Qualität aus - im Gegenteil. Für die Kaufentscheidung der Kunden spielten angebliche kosmetische Vorteile und die Verträglichkeit die größte Rolle. Lässt sich gut einreiben, ist offenbar ein wichtigeres Argument als guter Sonnenschutz.

In der jährlichen Untersuchung der Stiftung Warentest, die im Juli neu erschienen ist, erzielen die in Deutschland erhältlichen und getesteten Mittel mehrheitlich gute Bewertungen, darunter auch preisgünstige Produkte vom Discounter. Allerdings haben sich die Kriterien verschoben: Bis zum vergangenen Jahr vergaben die Warentester nie die Note "sehr gut", da kein Schutzmittel hundertprozentig UV-Strahlung abschirmt und sich Verbraucher nicht in falscher Sicherheit wähnen sollten. Da dies die Konsumenten mittlerweile verstanden zu haben scheinen, ist für einwandfreie Produkte nun auch die Bestnote möglich.

Trotz all der Cremes, Sprays und Lotionen schützen sich viele Menschen nur unzureichend. Das liegt an verbreiteten Irrtümern, etwa zur optimalen Dosis. Ein 1,80 Meter großer Mann benötigt 40 Milliliter Sonnenschutz - das entspricht immerhin drei Esslöffeln. Bis diese Menge von Kopf bis Fuß verteilt ist, dauert es. Wird zu wenig aufgetragen, nützt auch ein hoher Lichtschutzfaktor wenig. Im Zweifel bringt ein geringer Faktor mehr, der dick aufgetragen ist.

Nachcremen ist zwar nach Aufenthalten im Wasser oder starker Schweißbildung angeraten. Verlängern lässt sich die einmal erreichte Schutzzeit durch neuerliche Cremerituale am selben Tag aber nicht. Wurden beispielsweise vormittags jene zehn Minuten, bis sich ungeschützte Haut bei vielen hellhäutigen Menschen rötet, durch Faktor 10 auf 100 Minuten verlängert, lässt sich die Zeit am Nachmittag durch weiteres Eincremen nicht ausdehnen. Dann hilft nur jener Schutz, der noch wirksamer als Sonnencreme ist: Sonne meiden - oder die Haut mit Kleidung bedecken.

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