Süddeutsche Zeitung

Sexualität:"Pink Viagra" wirkt unbefriedigend

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Die Wirkung steht in keinem Verhältnis zu den Erwartungen, die die weibliche Lustpille umgeben: Frauen, die Flibanserin einnehmen, erleben innerhalb von zwei Monaten durchschnittlich eine erfüllende sexuelle Begegnung mehr, als jene Frauen, die auf das "Pink Viagra" genannte Medikament verzichten. Dagegen steigt das Risiko für Nebenwirkungen deutlich, wie niederländische und belgische Forscher in einer Analyse im Fachblatt Jama Internal Medicine zeigen. Unter dem Einfluss des Medikaments erlebten Frauen vier Mal häufiger Schwindel und Schläfrigkeit. Das Risiko für Übelkeit verdoppelte sich.

Die Forscher hatten insgesamt acht Studien mit fast 6000 Teilnehmerinnen ausgewertet. Die Vorteile für die Frauen fallen in dieser Analyse noch bescheidener aus, als von der US-Zulassungsbehörde FDA angenommen. Sie ließ das Medikament im August 2015 zur Behandlung der so genannten "Hypoactive Sexual Desire Disorder", einer Störung der weiblichen Lust, zu.

Die FDA befürworte ein marginal wirksames Medikament, obwohl noch immer substanzielle Zweifel an seiner Sicherheit bestünden, kritisieren die US-Wissenschaftler Steven Woloshin und Lisa Schwartz in einem begleitenden Kommentar.

Das Medikament steht im Verdacht, zusammen mit Alkohol zu einem starken Abfall des Blutdrucks zu führen und Ohnmacht auszulösen. Die Studie, die diese Gefahr untersuchen sollte, wurde seltsamerweise überwiegend mit Männern durchgeführt. Es ist nicht die einzige Auffälligkeit des Zulassungsprozesses, schreiben Woloshin und Lisa Schwartz.

Das Medikament wurde beim dritten Anlauf zugelassen - obwohl bei diesem Versuch keine wesentlich überzeugenderen Daten vorgelegt wurden als zuvor. Neu war aber eine PR-Kampagne des Herstellers mit dem Tenor, dass Frauen benachteiligt würden, wenn es zur Behandlung ihrer sexuellen Störungen weniger Möglichkeiten gebe als für Männer.

"Die Flibanserin-Saga ist unbefriedigend", mahnen die Kommentatoren nun US-amerikanische Ärzte. Nicht ohne Grund: 90 Prozent der Mediziner hatten es in der Vergangenheit befürwortet, bei belastender weiblicher Unlust eine Pille zu verschreiben.

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