MedizinErstmals Schweineleber in hirntoten Menschen transplantiert

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Dienen Schweine in Zukunft als Organspender für den Menschen?
Dienen Schweine in Zukunft als Organspender für den Menschen? (Foto: Lars Penning/dpa)

„Es ist eine Weltpremiere und ein großer Schritt für die Transplantationsmedizin“: Chinesischen Ärzten ist es gelungen, bei einem hirntoten Patienten eine Schweineleber zu transplantieren. Könnte dies eines Tages den Organmangel lindern?

Chinesische Ärzte haben weltweit erstmals eine Schweineleber in einen hirntoten Menschen eingesetzt. Das Organ habe bereits kurz nach dem Eingriff unter anderem Galle produziert, schreibt das Team im Fachjournal Nature. Die Leber habe bis zum Versuchsende nach zehn Tagen funktioniert. Das Erbgut des Spenderschweins war an sechs Stellen verändert worden, um Abstoßungsreaktionen zu vermeiden. Zusätzlich erhielt der Patient Medikamente, um eine Abstoßungsreaktion zu unterdrücken.

„Es ist eine Weltpremiere und ein großer Schritt für die Transplantationsmedizin“, kommentierte der Chirurg Bruno Reichart, der an der Ludwig-Maximilians-Universität (LMU) in München zu Xenotransplantationen forscht und nicht an dem Eingriff beteiligt war. „Die Leber ist ein sehr kompliziertes Organ. Die von der Leber produzierten Eiweiße sind sehr spezifisch für Menschen.“

Schweineherzen und -nieren waren in Versuchen bereits in Menschen transplantiert worden. Bis zu einem regulären Einsatz dieser sogenannten Xenotransplantation sind jedoch noch einige Hürden zu überwinden.

„Zukünftige Studien müssen zwischen einer Überbrückungstherapie und einer langfristigen Xenotransplantation unterscheiden.“

Der Versuch mit der Leber wurde gemäß den Wünschen der Familie des Hirntoten nach zehn Tagen beendet, wie die chinesische Nachrichtenagentur Xinhua schrieb. Bei einem Hirntoten ist das Gehirn unwiderruflich ausgefallen. Der Kreislauf kann jedoch durch künstliche Beatmung und Medikamente noch eine Zeit lang aufrechterhalten werden.

Angesichts des Mangels an Organspendern könnten Schweine in der Zukunft einmal als Organspender dienen, da ihr Stoffwechsel dem von Menschen ähnelt.

Aber: „Zukünftige Studien müssen zwischen einer Überbrückungstherapie und einer langfristigen Xenotransplantation unterscheiden“, schreibt das chinesische Team. Die Schweineleber habe in der Studie zwar Galle und Schweinealbumin produziert, es sei jedoch unwahrscheinlich, dass die Menge langfristig für einen Menschen ausreicht. Diese Form der Transplantation, so die Autoren, könnte eines Tages eher als Überbrückungstherapie bei vorübergehendem Leberversagen geeignet sein.

„Eine unterstützende Lebertransplantation ist eine ideale Überbrückungstherapie für Patienten mit Leberversagen“, schreibt das Autorenteam in ihrer Studie. Denn die Schweineleber könne relativ einfach wieder entfernt werden, sobald die Funktion der ursprünglichen Leber wiederhergestellt oder ein menschliches Spenderorgan verfügbar sei.

„Bei akutem Leberversagen – etwa durch Vergiftungen – könnte eine Überbrückung von zwei Wochen schon helfen, weil die Leber sich dann erholen kann“, sagte der Tiermediziner Eckhard Wolf, ebenfalls von der LMU.

Die Transplantation der Schweineleber in China allerdings lasse noch keine Schlüsse auf einen routinemäßigen Einsatz dieses Organs zu. „Versuche an Hirntoten haben dennoch eine hohe Relevanz“, sagt Wolf. Sie könnten Erkenntnisse liefern, die in Tierversuchen nicht gewonnen werden könnten.

Wolf geht davon aus, dass es bereits 2030 möglich sein könnte, Hunderte Schweineorgane pro Jahr zu transplantieren. Versuche mit Herzen und Nieren von Schweinen gab es bereits, die Forschung schreitet immer weiter voran.

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