Süddeutsche Zeitung

Schimmel auf Lebensmitteln:Wenn die Marmelade Pelz trägt

Auf Brot, Käse, Obst und Konfitüren wuchern die haarigen Gestalten besonders gern: Schimmelpilze. Darf man auf Omas Rat hören, und die verdorbenen Stellen abschneiden oder abschöpfen - und den Rest essen?

Von Andrea Bannert

Schimmelpilze lieben Feuchtigkeit. Enthalten die Lebensmittel genügend Wasser, können die Pilze optimal wachsen. Nicht jeder Schimmel wächst auf jedem Lebensmittel - meist sind es ganz spezifische Arten, die verschiedene Speisen befallen. Aber darf man den Pelzbelag einfach großzügig entfernen und die Lebensmittel dann noch essen?

"Nein", schreibt das Bundesinstitut für Risikobewertung. "Angeschimmelte Nahrungsmittel sollten grundsätzlich besser entsorgt werden." Denn gefährlich sind die so genannten Mykotoxine, Stoffwechselprodukte der Schimmelpilze. Die Pilze bilden die Giftstoffe während sie wachsen. Das Tückische: Anders als die oberflächliche Pelzschicht sind sie nicht sichtbar und können sich auch tief im Inneren der Speisen verbreiten. Die Größe des sichtbaren Pilzes lässt keine Rückschlüsse auf die Giftstoffe zu: Auch ein kleiner Schimmelbelag kann viele Toxine produzieren.

Unser Immunsystem übersieht die winzigen Moleküle, so gelangen sie ungehindert ins Blut und von dort in Leber und Niere. Beim Menschen wirken sie vor allem chronisch giftig. Das bedeutet, er spürt die Folgen nicht sofort. Würde ein Mensch aber wiederholt Schimmelpilzgifte in größeren Mengen essen, würde sein Risiko steigen, an Krebs zu erkranken. Die Giftstoffe schädigen das Erbgut der Zellen, wie Wissenschaftler aus Zell- und Tierversuchen wissen. So kommt es zu einer Fehlsteuerung und dadurch zu unkontrolliertem Wachstum. Bei Schwangeren können die Gifte zu Missbildungen des Kindes führen.

Folgende Tipps helfen Ihnen, Schimmel zu vermeiden oder die Gefahr zu minimieren:

  • Lebensmittel möglichst frisch kaufen und schnell verbrauchen.
  • Lebensmittel kühl und vor allem trocken lagern.
  • Brotkästen am besten einmal in der Woche mit Essigwasser reinigen und Brotkrumen entfernen, da diese die Schimmelbildung fördern.
  • Möglichst unversehrtes Obst und Gemüse kaufen. Verletzungen und Druckstellen erhöhen das Schimmelrisiko.
  • Gewürze nicht jahrelang lagern, sondern lieber kleine Mengen kaufen.
  • Getreide und Mehle ab und zu mal durchschütteln und natürlich kühl und trocken aufbewahren.
  • Wenn Sie Schimmel entdecken: Befallene Nahrung sofort entsorgen. Der Schimmel kann sich sonst rasch auf andere Lebensmittel ausbreiten.
  • Verschimmelte Lebensmittel nicht mehr verzehren. Ausnahmen sind schimmelgereifte Käsesorten wie Roquefort oder Camembert, die bedenkenlos gegessen werden können. Auch der puderige Belag auf Salami ist unbedenklich. Von luftgetrockneter Edelsalami und Parmaschinken ist bekannt, dass die Schimmelpilze, die darauf wachsen, keine Gifte bilden. Verschimmelte Stellen dürfen daher entfernt und der Rest noch gegessen werden.
  • Schimmelpilzgifte sind sehr stabile Verbindungen. Kochen kann sie daher meist nicht zerstören.
  • Verschimmelte Lebensmittel sollten nicht an Tiere verfüttert werden. Für einige Nutztiere wie Schweine oder Kühe sind akute Wirkungen der Mykotoxine beschrieben, etwa Erbrechen, Durchfall, Leber- und Nierenschäden sowie hormonähnliche Effekte.

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