Süddeutsche Zeitung

Schädel-Hirn-Trauma und die Folgen:Neuronen unter Druck

Keine anderen Zellen im Körper reagieren so empfindlich auf Sauerstoffmangel wie die Neuronen im Gehirn. Von den Patienten mit einem schweren Schädel-Hirn-Trauma sterben bis zu 40 Prozent. Doch der Krankheitsverlauf ist sehr unterschiedlich.

Von Katrin Blawat

Bei einem Schädel-Hirn-Trauma sind Hirngewebe und Schädelknochen verletzt. Der Knochen kann geprellt oder gebrochen sein. Meist passiert das durch Unfälle im Straßenverkehr, durch Stürze im Haushalt - oder wie im Fall von Michael Schumacher beim Sport. Ärzte teilen Schädel-Hirn-Traumata in drei Schweregrade ein: leicht (Gehirnerschütterung) mittelschwer und schwer. Je nach Ausmaß der Verletzung leiden die Betroffenen zum Beispiel unter Kopfschmerz, Übelkeit, Sehstörungen, Krämpfen und Verlust des Bewusstseins.

In Deutschland haben jedes Jahr knapp 250.000 Menschen ein Schädel-Hirn-Trauma; in etwa 90 Prozent der Fälle handelt es sich um ein leichtes. Dennoch zählen Schädel-Hirn-Traumata zu den häufigsten Todesursachen bei Menschen unter 40 Jahren. Von den Patienten mit einem schweren Trauma sterben bis zu 40 Prozent. Vor allem bei einem schweren Schädel-Hirn-Trauma ist es direkt nach der Verletzung am wichtigsten, Kreislauf und Atmung aufrecht zu erhalten. Dann gilt es, mittels Medikamenten und einer Operation die Schwellungen des Gewebes zu reduzieren, denn sie können zum Absterben von Nerven führen, auf Blutgefäße drücken und die Sauerstoffversorgung unterbrechen.

Keine anderen Zellen im Körper reagieren so empfindlich auf Sauerstoffmangel wie die Neuronen im Gehirn. Um den Sauerstoffbedarf des Organs zu senken, wird die Körpertemperatur des Patienten manchmal künstlich um einige Grad herabgesetzt. So auch bei Michael Schumacher. Dies geschieht im sogenannten künstlichen Koma, einem durch Medikamente herbeigeführten Zustand zwischen Schlaf und Narkose. Eine Operation kann nötig sein, um Blutungen zwischen der Hirnhaut und dem Hirngewebe oder Schädelknochen zu behandeln, oder um Knochensplitter zu entfernen.

Wie erfolgreich die Behandlung ist, lässt sich unmittelbar nach dem Eingriff meist nicht sagen. Manche Patienten sterben, ohne aus dem künstlichen Koma aufgewacht zu sein, andere bleiben im (Wach-)Koma oder dauerhaft schwer behindert. Einige Betroffene können nach einer langwierigen Rehabilitation sogar wieder arbeiten. Bis zu einem Viertel erholt sich weitgehend. Langzeitfolgen wie Depressionen, Konzentrationsstörungen und Persönlichkeitsveränderungen können jedoch auch schon bei einem leichten oder mittelschweren Trauma auftreten.

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Quelle:
SZ vom 31.12.2013/leja/woja
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