Versorgung in Krankenhäusern:Krankenkassen fordern Klarheit über Klinik-Qualität

Ob ein Arzt professionell arbeitet oder nicht, ist für die meisten Patienten kaum ersichtlich. Der Spitzenverband Gesetzlicher Krankenkassen fordert nun mehr Transparenz über Behandlungen und mögliche Folgen - auch, damit Ärzte selbst mehr über ihren Behandlungserfolg wissen. Die Mediziner befürchten mehr Bürokratie.

Wird in einem Krankenhaus nach modernsten medizinischen Erkenntnissen operiert? Wie gut behandelt der eigene Hausarzt? Fragen, die die meisten Patienten kaum beantworten können - auf die es im Sinne des Arzt-Patienten-Vertrauensverhältnisses aber Antworten geben muss, wie Vertreter von Krankenkassen nun fordern.

Organspende

Ein OP-Team bei der Transplantation einer Niere: Ärzte müssen nach solch einem Eingriff erfahren, ob es im Nachinein Komplikation gegeben hat, fordert der Spitzenverband der Gesetzlichen Krankenkassen.

(Foto: dpa)

Der Spitzenverband der Gesetzlichen Krankenkassen (GKV) hat nun ein Positionspapier zur sektorenübergreifenden Qualitätssicherung in der medizinischen Versorgung in Deutschland erarbeitet. Die zentrale Forderung lautet: mehr Transparenz.

"Qualitätssicherung ist weder Luxus noch unnötige Bürokratie, sondern die Basis für die systematische Verbesserung der medizinischen Versorgung der Bevölkerung", wird die GKV-Vorstandvorsitzende Dr. Doris Pfeiffer in einer Pressemitteilung des Verbandes zitiert. Im Klartext: Um die Arbeit von Ärzten objektiv bewerten zu können, werden verlässliche und allgemeingültige Daten benötigt.

Krankenhäuser werden transparenter

Für einige Bereiche der medizinischen Versorgung sind mittlerweile klare Qualitätsindikatoren definiert. Seit 2012 müssen Kliniken laut Pfeiffer knapp die Hälfte der untersuchten Indikatoren auch veröffentlichen. Von 2006 bis 2011 sei die Zahl der publizierten Indikatoren immerhin von 23 auf 119 gestiegen. Die Auswertung des Datenmaterials gibt beispielsweise Auskunft darüber, wie viele Patienten nach einer Gallenoperation in einem Krankenhaus verstorben sind oder bei wie vielen Patienten nach dem Einsetzen eines Herzschrittmachers Komplikationen auftraten. Patienten können sich so über die Qualität der Behandlungen im Vorfeld informieren.

Eine entsprechende Studie vom Göttinger Institut für angewandte Qualitätsförderung und Forschung im Gesundheitswesen soll im September die Detailergebnisse der aktuellen Qualitätsprüfung offenlegen. Auf einige Erkenntnisse nimmt die GKV aber schon jetzt Bezug.

Bei einem Oberschenkelhalsbruch beispielsweise ist es zumeist notwendig, innerhalb von 48 Stunden nach Auftreten der Fraktur zu operieren. Erfolgt der Eingriff später, steigt das Risiko von Komplikationen deutlich. Im Einzelfall kann es natürlich Gründe geben, erst nach Ablauf der Zweitagesfrist zu operieren: Daher sollten laut Qualitätsindikator "wenigstens 85 Prozent" der Eingriffe früher durchgeführt werden. Tatsächlich muss aber jeder fünfte Patient länger auf den Eingriff warten. Hier haben viele Krankenhäuser "noch einiges nachzuholen", meint die GKV.

Ärzte können ihre Leistungen schwer einschätzen

Die gesetzlichen Krankenkassen fordern jedoch nicht nur eine kurzfristige Qualitätssteigerung, sondern wünschen sich auch langfristige Maßnahmen. Denn nicht nur medizinisch meist nur rudimentär gebildete Patienten, auch Ärzte selbst wissen ihre Leistungen oft kaum einzuschätzen.

So erfahre der Arzt, der einen Herzschrittmacher einsetzt, später nicht, wie lange der in der Brust des Patienten gehalten hat und warum er gegebenenfalls entfernt werden musste. Er kann also nicht einschätzen, welche Folgen seine Operationstechnik mittelfristig hat. Deshalb fordert der Spitzenverband, dass "künftig die Qualitätssicherung über den einzelnen medizinischen Eingriff hinausgehen" muss. Stationäre Operation und ambulante Nachbehandlung sollten beispielsweise zusammen in den Blick genommen werden, um auftauchende Komplikationen zu erfassen.

Dass sich einige Ärzte gegen mehr Qualitätsmessungen sträuben, ist nicht überraschend. Mehr Tests fördern automatisch zutage, wer nach objektiven Kriterien eher schlecht arbeitet. Dem Argument von Seiten der Mediziner, mehr Maßnahmen bedeuteten zugleich mehr Bürokratie, tritt die GKV-Vorstandsvorsitzende Pfeiffer jedoch entgegen: "Die Herausforderung ist, die Qualitätssicherung im Interesse der Patienten auszubauen, ohne unnötige Bürokratie zu schaffen."

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