Psychogene Leiden:Der Schmerz aus dem Kopf

Sie leiden unter Krämpfen oder Lähmungen einzelner Körperteilen - ohne dass eine organische Ursache erkennbar wäre: Patienten mit psychogenen Dystonien. Manchen gelten sie als Simulanten. Nun konnten Forscher abnormale Funktionen im Gehirn der Betroffenen nachweisen.

Manchmal geraten sie in den Verdacht nur hysterisch zu sein oder gar Simulanten: Menschen, die unter sogenannten psychogenen Dystonien leiden. Diese können sich unter anderem in schweren Krämpfen oder Lähmungen in bestimmten Körperregionen äußern, haben aber keine bislang erkennbare organische Ursache. Ärzte können diese Beschwerden deshalb bislang nur schwer diagnostizieren und therapieren. Jetzt haben Forscher um James Rowe von der University of Cambridge und Anette Schrag vom University College London nachgewiesen, dass Betroffene zumindest abnormale Funktionen im Gehirn zeigen (Brain, online).

Für ihre Studie verglichen die britischen Wissenschaftler drei Gruppen von Probanden: zum einen Patienten, deren organische Dystonie auf einer Mutation im sogenannten DYT1-Gen beruht, sowie psychogene Patienten. Beide Gruppen von Betroffenen klagten über schmerzhafte und behindernde Krämpfe im Bein. Als Kontrollgruppe dienten gesunde Menschen ohne Dystonie.

Mit einem PET-Hirnscanner wurde dann Blutfluss und Hirnaktivität der Versuchsteilnehmer gemessen, während sie verschiedene Fußpositionen einnahmen - ruhende, bewegte, schmerzhafte. Bei der anschließenden Auswertung der Aufnahmen zeigten sich bei den psychogenen Probanden eine ungewöhnliche Hirnaktivität, mit der sie sich deutlich von beiden anderen Versuchsgruppen unterschieden.

"Mich hat besonders überrascht, dass sich die Hirnfunktion von Patienten mit psychogener und genetischer Dystonie so stark unterscheidet", sagt Studienautor James Rowe. "Und noch erstaunlicher war, dass diese Unterschiede immer zu beobachten waren, egal ob die Patienten ruhig blieben oder sich bewegten." Zugleich fanden die Forscher aber auch erstmals gemeinsame Probleme bei beiden Gruppen von Dystonikern: eine Auffälligkeit im sogenannten präfrontalen Cortex, also im Vorderhirn, wo unter anderem auch Bewegungen des Körpers kontrolliert werden.

Wie üblich bei solchen Studien bekunden die Autoren recht optimistisch ihre Hoffnung, dass "diese Resultate Ärzten und Patienten helfen könnten, die Mechanismen dieser Krankheit besser zu verstehen und letztlich neue Therapien zu finden". Zumindest wäre das dringend notwendig, denn nach Angaben von Anette Schrag leidet immerhin einer von sechs Patienten, der in einer neurologischen Praxis Hilfe sucht, unter einer solchen psychogenen Störung.

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