Pandemie:EMA empfiehlt Omikron-Impfstoffe

Corona-Impfung: Ein Impfstoff wird in einer Spritze aufgezogen

Künftig stehen auch angepasste Vakzine gegen die Omikron-Variante zur Verfügung.

(Foto: Robert Michael/dpa)

In der EU können damit zwei Vakzine eingesetzt werden, die gezielt gegen die Sars-CoV-2-Variante wirken sollen.

Von Berit Uhlmann

Die europäische Arzneimittelbehörde EMA hat sich für den Einsatz von zwei Omikron-Impfstoffen ausgesprochen. Es handelt sich um die Vakzine von Moderna und Biontech/Pfizer, die beide den ursprünglichen Impfstoff enthalten sowie zusätzlich eine an die Omikron-Variante BA.1 angepasste Komponente. Ihres zweifachen Ziels wegen werden sie bivalent genannt.

Beide Produkte sind als Booster für Impfwillige ab zwölf Jahren vorgesehen. Sie sollen frühestens drei Monate nach einer vorangegangenen Dosis verabreicht werden. Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) hatte vor wenigen Tagen in einem Schreiben an die Beteiligten der Impfkampagne angekündigt, dass die Auffrischungen mit diesen Vakzinen rasch beginnen können.

Zunächst muss noch die Europäische Kommission zustimmen, was allerdings als Formsache gilt. Dies vorausgesetzt könnten ab kommender Woche die ersten Dosen verabreicht werden. Für die ersten beiden Wochen stehen Lauterbach zufolge etwa 14 Millionen Dosen zur Verfügung. Für wen die Impfung mit den neuen Präparaten sinnvoll sei, muss die Ständige Impfkommission (Stiko) klären. Lauterbach sagte am Donnerstag im ARD-Morgenmagazin, das Expertengremium wolle seine Einschätzung eine Woche nach der Zulassung vorlegen.

Vermutlich wird die Stiko die angepassten Booster vor allem für Ältere empfehlen

Carsten Watzl, Generalsekretär der Deutschen Gesellschaft für Immunologie, geht davon aus, dass die Impfstoffe als zweite Booster weiterhin nur für bestimmte Bevölkerungsgruppen, vor allem über 60-Jährige und Vorerkrankte, empfohlen werden. "Ich wäre sehr überrascht, wenn die Stiko sagen würde, dass sich alle Erwachsenen noch mal impfen lassen sollen", sagte er der Nachrichtenagentur dpa.

Die beiden Omikron-Impfstoffe waren jeweils an mehreren Hundert Menschen getestet worden. Untersucht wurde, wie sehr sie die Menge jener Antikörper ansteigen lassen, die das Virus am Entern der menschlichen Zelle hindern. Die Menge dieser neutralisierenden Antikörper war etwa 1,6 bis 2 Mal so hoch wie nach Verabreichung der herkömmlichen Impfstoffe allein. Allerdings beziehen sich diese Werte nur auf die Omikron-Untervariante BA.1. Sie spielt derzeit in Deutschland keine Rolle mehr, zu 95 Prozent wird das Infektionsgeschehen hier von der Untervariante BA.5 bestimmt.

Gegen diesen Subtyp stiegen die Antikörpertiter nach der Impfung mit den neuen Präparaten zwar ebenfalls an, aber in geringerem Maße als gegen BA.1: Der Zuwachs war dreimal so niedrig wie gegen BA.1. Die Antikörpertiter sind ein Ersatz-Parameter, der auf eine prinzipielle Wirksamkeit hindeutet. Man kann aus ihnen aber nicht exakt ableiten, wie viele Infektionen, Krankheitsfälle oder Tode vermieden werden können.

Ein speziell gegen BA.5 und die sehr ähnliche Untervariante BA.4 gerichteter Impfstoff könnte zu einem späteren Zeitpunkt ebenfalls auf den deutschen Markt kommen. Biontech hat Ende August einen Antrag auf EU-Zulassung eines derartigen Produktes eingereicht. Am Mittwoch erhielt dieser Impfstoff ein positives Votum der US-Arzneimittelbehörde FDA. Er wurde anders als die BA.1-Impfstoffe noch nicht am Menschen, sondern lediglich an Tieren getestet.

Sollte man auf einen BA.5-Impfstoff warten?

Für Impfwillige stellt sich nun die Frage, ob sie sich mit einem der BA.1-Impfstoffe boostern oder doch lieber auf den möglicherweise später auf den Markt kommenden BA.5-Impfstoff warten sollten. Immunologe Watzl sagte der SZ, er sei ganz klar dafür, nicht zu warten. Zum einen sei "der BA.1-Impfstoff viel näher an der aktuellen BA.5-Variante dran als der Original-Impfstoff. Daher hat man mit dem BA-1-Impfstoff schon mal einen deutlichen Vorteil". Zum anderen seien noch einige Fragen offen.

So könne niemand sagen, wie viel besser das BA.5-Vakzin im Vergleich zum BA.1-Impfstoff sei. Es sei zudem offen, wann es tatsächlich verfügbar sein wird. Wenn die EMA auch Studien am Menschen für die Zulassung verlange, könnte sich das Verfahren bis November oder Dezember hinziehen. Außerdem lasse sich nicht vorhersagen, welche Varianten im Winter vorherrschen. Ein möglicher Kandidat sei BA.2.75, für den wohl der BA.1-Impfstoff besser passen würde. Allerdings sei auch die Variante BA.4.6 denkbar, in den Fall wäre wohl der BA.5-Impfstoff besser. Alles in allem aber, so Watzl, könne er aufgrund dieser Unsicherheiten keinem aktuell Impfwilligem empfehlen, auf den BA.5-Impfstoff zu warten.

Die Omikron-Variante war Ende vergangenen Jahres entdeckt worden. Seither hat sie sich in mehrere Subtypen aufgespalten. Verglichen mit anderen Varianten enthalten diese deutlich mehr Mutationen und erlauben dem Virus, der Immunantwort teilweise zu entkommen. Damit wirken auch die Impfungen nicht mehr so gut. Insbesondere der Schutz vor Infektionen lässt bereits mehrere Wochen bis Monate nach der Impfung nach. Der Schutz der herkömmlichen Vakzine vor schweren Erkrankungen ist dagegen weiterhin gut. Inwieweit die neuen Impfstoffe die Situation verändern, wird sich in den kommenden Wochen und Monaten zeigen.

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