Neue Richtlinie:Schneller Hilfe beim Psychotherapeuten

Patienten sollen künftig schneller Zugang zu Sprechstunden bekommen. Die Wartezeit auf eine Therapie selbst könnte sich aber verlängern.

Von Thomas Öchsner, Berlin

Wer einen Termin beim Psychotherapeuten braucht, kennt das Problem: Oft läuft nur der Anrufbeantworter. Und selbst wenn diese Hürde übersprungen ist, müssen Menschen mit seelischen Leiden oft monatelang warten, bis ein Behandlungstermin frei ist. Das soll vom 1. April an besser werden. Dann tritt die geänderte Psychotherapierichtlinie in Kraft, die gesetzlich Krankenversicherten den Zugang zu Psychotherapeuten erleichtern soll.

Diese müssen nun pro Woche mindestens zwei Stunden für Sprechstunden (viermal zu je 25 Minuten plus Pausen) zur Verfügung stehen. Erwachsene können bis zu sechs der 25 Minuten langen Sprechstundentermine bekommen, Kinder- und Jugendliche bis zu zehn. Wie bisher auch schon ist keine Überweisung vom Hausarzt notwendig. In der Sprechstunde kann der Therapeut auch klären, ob eine Akuttherapie nötig ist, etwa wenn eine Person arbeitsunfähig ist. In solchen Fällen darf der Patient bis zu 24 Mal den Therapeuten aufsuchen, ohne Antrag bei der Krankenkasse.

Psychotherapeutische Praxen müssen von 1. April an außerdem mindestens 200 Minuten pro Woche am Telefon erreichbar sein, ebenfalls in Einheiten von mindestens 25 Minuten. Wer am Telefon abhebt, ob Therapeut, Praxispersonal oder ein Dienstleister, ist egal. Um einen Termin zu erhalten, können sich Interessenten auch an die Servicestellen der Kassenärztlichen Vereinigungen wenden. Diese müssen binnen einer Woche einen Termin innerhalb der nächsten vier Wochen vermitteln.

Die Zahl der Therapeuten wird jedoch nicht aufgestockt. Versicherte dürften in Zukunft also leichter einen ersten Gesprächstermin und schneller Hilfe bekommen. Die Wartezeit für eine reguläre Therapie könnte sich hingegen noch verlängern, wenn die Therapeuten nicht mehr arbeiten sollten, aber Zeit für die Sprechstunden frei halten müssen.

Ärger gibt es auch mit der Finanzierung der neuen Angebote. Andreas Gassen, Chef der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV), warf den Krankenkassen vor, den Mehraufwand der Therapeuten nicht ausreichend zu bezahlen. Er sprach von einer "Geiz-ist-geil-Mentalität" auf Kosten der Versicherten und Psychotherapeuten. Der KBV will daher gegen die Kassen klagen.

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