Die Ärztin und Homöopathin Natalie Grams hatte eigentlich alles, was zu einem erfolgreichen Berufsleben gehört: Eine sehr gut gehende homöopathische Praxis in Heidelberg, die 30 000 Euro Gewinn im Jahr erwirtschaftet hat, und eine große Anerkennung in der Stadt. Überall wurde sie auf der Straße gegrüßt und erkannt. Mit ihren drei Kindern und ihrem Ehemann wohnte sie im hübschen Villenviertel von Heidelberg, dort, wo auch viele privat krankenversicherte Beamte und Lehrer leben.
Der Glauben an die Homöopathie war Grams' Lebenselixier - bis sie Zweifel bekam an der Wirksamkeit von Globulikügelchen. Sie wollte ein Buch schreiben über die Homöopathie, eine Eloge, doch als sie sich beim Schreiben mit der Kritik von Homöopathie-Gegnern auseinandersetzte, "kam ich ins Schwitzen, denn ich musste feststellen: Ich hatte keine Argumente", sagt Grams.
Sie liest Studien, die nachweisen, dass Globuli bloße Zuckerkügelchen mit Substanzen in so hoher Verdünnung sind, dass sie keine physiologische Wirkung haben können. Viele Wissenschaftler messen der Homöopathie daher höchstens einen Placebo-Effekt bei.
In ihrem Buch beschreibt Grams nun, dass Globulikügelchen Glaubenssache seien - und in Wahrheit keinerlei pharmakologische Wirkung erzielen könnten. Grams hat ihre Praxis geschlossen und lebt heute mit ihrer Familie auf der weniger schönen Neckar-Seite mit finanzieller Unterstützung der Stadt Heidelberg. Der plötzliche Sinneswandel hat Natalie Grams auch gezeigt, wie schnell man Kollegen und Freunde verlieren kann: Frühere Kollegen schneiden sie jetzt auf Heidelbergs Straßen, und im Internet wird sie diffamiert, manche Homöopathie-Anhänger wünschen ihr gar den Tod. Über eine Frau, der nichts wichtiger ist, als sich selbst treu zu bleiben.