Medizin:Checkt die Ärzte!

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Zuhören - und zwar mit und ohne Stethoskop.
Zuhören - und zwar mit und ohne Stethoskop. (Foto: dpa)

Neue Wirkstoffe und Technik treiben den medizinischen Fortschritt. Doch genauso wichtig für eine gute Versorgung ist, dass den Ärzten jemand über die Schulter schaut. Höchste Zeit für den "Check-Arzt".

Kommentar von Felix Hütten

Das Flugzeug ist das sicherste Verkehrsmittel, und doch, die Angst vieler Passagiere ist groß: verkeilte Landeklappen, brennende Triebwerke, zu wenig Sprit im Tank, an was man eben so denkt, wenn der Flieger hoch oben durch die Wolken wackelt. Damit sich Fluggäste weiterhin unnötig vor einem Absturz fürchten, schicken Airlines ihre Piloten regelmäßig in Simulatortests. Nur wer die gängigen Notfallverfahren drauf hat - und dazu zählt auch eine korrekte Krisenkommunikation mit dem Ersten Offizier - darf abheben.

Wie schön wäre es da, wenn diese Regel auch für Ärzte gelten würde: Wer die Checks nicht besteht, muss Skalpell oder Stethoskop abgeben. Denn ähnlich wie bei einem brennenden Triebwerk muss beim Herzstillstand klar sein, was zu tun ist. Checklisten und Standardverfahren, wie sie in der Fliegerei üblich sind, können auch in der Medizin helfen, richtige Entscheidungen zu treffen, ja Fehler zu vermeiden. Und ähnlich wie im Cockpit entstehen auch im Krankenhaus Komplikationen häufig durch schlechte Kommunikation; zwischen Arzt und Patient und unter Kollegen.

Weil guter Umgang und Kommunikation auf Augenhöhe aber nur schwer zu messen sind, schaut ein sogenannter Checkpilot seinen Kollegen regelmäßig auf normalen Linienflügen über die Schulter. Er prüft, wie und was gesprochen wird, wie Kapitän und Erster Offizier miteinander interagieren - besonders dann, wenn's knifflig wird.

Denn ohne Fehler ist niemand

Analog zu solchen Check-Piloten sollten auch Check-Ärzte regelmäßig Operationen und Untersuchungen begleiten und anschließend besprechen, was falsch gelaufen ist. Kliniken sollten mehr Geld in das Training ihrer Mitarbeiter investieren, damit diese im OP-Simulator und in Rollenspielen Krisenkommunikation üben können.

Denn ohne Fehler ist niemand, daher lautet die große Frage, wie es gelingen kann, dass auch ein Assistenzarzt seinen Chef auf Missstände hinweist? Dass ein Oberarzt bei aller Expertise daran denkt, dem Patienten während des Gesprächs in die Augen zu schauen? Gute Kommunikation ist ebenso wichtig für die Zukunft der Medizin wie neue Medikamente oder moderne Technik.

Drei Dinge braucht es, um solche Checks in der Medizin zu etablieren: Erstens müssen Mediziner selbst das Problem erkennen, und zwar idealerweise jene in den Chefsesseln. Zweitens muss der Gesetzgeber ähnlich wie im Flugverkehr regelmäßige Prüfungen vorschreiben. Und drittens müssen auch Patienten diesen Wandel in der Medizin einfordern. Denn vielleicht ist es schon heute so, dass sie eine ordentliche Behandlung nicht dort bekommen, wo das neuste CT-Gerät steht - sondern dort, wo ordentlich miteinander gesprochen wird.

© SZ vom 13.01.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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