Süddeutsche Zeitung

Infektionskrankheit:WHO warnt vor weltweitem Anstieg von Masern

  • Nachdem Masern-Fälle seit der Jahrtausendwende weltweit abgenommen hatten, zeichnet sich nun wieder ein deutlicher Anstieg ab.
  • "Wir werden Opfer unseres eigenen Erfolgs", kommentiert die WHO die Entwicklung, die sie auf nachlassende Impfbereitschaft zurückführt.

Die rasant steigende Zahl von Maserninfektionen alarmiert die Weltgesundheitsorganisation WHO. 2017 seien weltweit 30 Prozent mehr Fälle als im Jahr davor gemeldet worden, berichtete die Behörde. 2018 seien es schon bis November zehn Prozent mehr Fälle gewesen als 2017. Nur ein kleiner Teil dieses Anstiegs könne auf bessere Überwachung zurückgeführt werden.

2017 wurden den Angaben nach weltweit 190 000 Masern-Fälle bekannt. Da aber längst nicht alle Erkrankten erfasst werden, dürfte die tatsächliche Zahl deutlich höher liegen. 110 000 Menschen sind den Schätzungen der WHO nach gestorben. Die meisten seien Kinder.

Damit ist die Situation zwar besser als noch zur Jahrtausendwende. "Kein Zweifel, es gab seit dem Jahr 2000 riesige Fortschritte", sagte Martin Friede von der WHO-Fachabteilung Impfungen. Die Zahl der Ansteckungen sei um 85 Prozent zurückgegangen. 21 Millionen Menschenleben seien dadurch gerettet worden.

37 europäische Staaten haben die Masern ausgerottet - Deutschland nicht

"Aber wir werden Opfer unseres eigenen Erfolgs", so Friede. Weil viele Eltern in Ländern wie Deutschland kaum noch Masernfälle zu Gesicht bekämen, unterschätzten sie möglicherweise die Gefahr und würden leichtsinnig. "Masern sind eine höchst ansteckende, bisweilen tödliche Krankheit mit vielen Komplikationen", warnt WHO-Impfexpertin Ann Lindstrand.

Ursprüngliches Ziel war es, die Masern bis zum Jahr 2020 auszurotten. Die WHO ist skeptisch, ob das noch gelingt. Sie erklärte auch die Entwicklung in Deutschland für besorgniserregend.

Von 53 Staaten der europäischen WHO-Region haben nach Angaben der deutschen Nationalen Verifizierungskommission Masern/Röteln (NAVKO) 37 die Masern eliminiert. Deutschland zählt nicht dazu. 2016 seien hierzulande 325 Fälle gemeldet worden, im vergangenen Jahr 929, teilt die NAVKO mit. Der größte Ausbruch wird aus der Region Duisburg vermeldet. Von Januar bis August 2017 erkrankten dort 488 Menschen.

Ursache der immer wiederkehrenden Ausbrüche ist die unzureichende Impfquote. 2016 waren in Deutschland nur 74 Prozent aller Zweijährigen und knapp 93 Prozent aller Schulanfänger komplett immunisiert. Damit sich das Virus nicht mehr verbreiten kann, müssen mindestens 95 Prozent der Bevölkerung geimpft sein.

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