Mainz (dpa/lrs) - Mit moderner mobiler Technik soll in Rheinland-Pfalz die hausärztliche Versorgung auf dem Land verbessert werden. Herzstück des Pilotprojekts, zu dem Gesundheitsministerin Sabine Bätzing-Lichtenthäler (SPD) am Mittwoch den offiziellen Startschuss gab, sind speziell geschulte Telemedizin-Assistenten (TMA), die zu den Patienten nach Hause fahren, wichtige Gesundheitsdaten erfassen und diese an die Hausärzte weiterleiten. Die Ärzte können sich anschließend über Video mit ihren Patienten unterhalten. Das nötige technische Equipment vom Tablet-PC bis zum Mini-EKG-Messgerät wird in einem Rucksack mitgebracht.
„Die Ärzte werden entlastet, die Tätigkeit der Assistenten wird aufgewertet - und auch für die Patienten bedeutet das eine Entlastung, weil weite Wege vermieden werden können“, sagte Bätzing-Lichtenthäler. Der Hausbesuch eines TMA solle nicht den persönlichen Kontakt zwischen Patienten und Ärzten ersetzen, sondern die Versorgungssituation verbessern.
An dem Projekt nehmen insgesamt 24 Hausarztpraxen und bis zu 56 Ärztinnen und Ärzte sowie bis zu 46 TMA in vier ländlichen Regionen teil: Alzey in Rheinhessen, Bad Bergzabern/Dahn in der Pfalz, Betzdorf/Kirchen/Wissen im Norden von Rheinland-Pfalz und Daun in der Eifel. 14 Praxen erhalten zudem ein Elektroauto für die Fahrten.
Die Vorsitzende des Hausärzteverbandes Rheinland-Pfalz, Dr. Barbara Römer, erwartet eine spürbare Entlastung für ihre Kollegen und eine hohe Akzeptanz bei den Patienten - auch bei älteren. „Die Technik kommt mit einem Menschen zu den Patienten“, betonte sie. Die TMA seien gewissermaßen die Schnittstelle zwischen Arzt und Patient. Dabei gehe es um „Routine-Arztbesuche“, nicht um akute Beschwerden beispielsweise am Herzen, betonte sie. Die Patienten würden vorher gefragt, ob sie teilnehmen wollen. Viele seien neugierig, berichtete sie. „Ich habe noch nicht ein einziges Mal ein Nein gehört.“
Die Hausärztin Dr. Nadine Durmazel aus Alzey, die an dem Projekt teilnimmt, verspricht sich viel von dem neuen Angebot. „Das ist revolutionär für uns. Wir konnten früher bei einem Hausbesuch nicht so einfach ein EKG schreiben“, erklärte sie. „Man spart sich auch unnötige Krankenhauseinweisungen, weil die Diagnostik vor Ort einfach besser ist.“
Untergebracht sind die Geräte in einem schwarzen Rucksack - bunt verpackt in einzelnen Taschen. Dazu gehören ein Tablet mit einer speziellen App und je nach Ausstattung verschiedene Sensoren zum Messen des Blutdrucks, ein Fieberthermometer, ein Blutzuckermessgerät, ein EKG-Messgerät zur Untersuchung der Herzaktivität, ein Stethoskop zum Abhören und ein Otoskop für eine Untersuchung der Ohren.
Spannend wird nicht zuletzt die Frage der Netzabdeckung in den vier Pilotregionen. „Wie klappt das mit der digitalen Übertragung der Daten? Das werden wir jetzt sehen“, erklärte Verbandschefin Römer. Wo Probleme auftreten, soll dies dem Ministerium mitgeteilt werden.
Notfalls können die Daten auch offline gespeichert und später gesendet werden, wenn wieder ein Netz verfügbar sei, erläuterte Dr. Asarnusch Rashid vom Zentrum für Telemedizin (ZTM) Bad Kissingen, das an der Entwicklung beteiligt war. Zudem seien die Tablets mit sogenannten Multi-SIM-Karten ausgerüstet, die automatisch nach dem besten Netz suchten.
Das mit 800 000 Euro geförderte Projekt hat eine Laufzeit von zwei Jahren und wird wissenschaftlich begleitet. Unterstützt wird es vom Hausärzteverband, der Kassenärztlichen Vereinigung, allen gesetzlichen Krankenkassen mit Versicherten in Rheinland-Pfalz, der Landesärztekammer und der Arbeitsgemeinschaft der Patientenorganisationen sowie dem ZTM Bad Kissingen. Die mitwirkenden Arztpraxen erhalten zusätzliche Honorarzahlungen. Der Datenschutz ist den Angaben zufolge gesichert, so soll beispielsweise auf Cloud-Dienste verzichtet werden.