Hygiene in der Schule:Luft nach oben

Hygiene in der Schule: Neue Untersuchungen über die Luftqualität in Klassenzimmern kommen zu beunruhigenden Ergebnissen.

Neue Untersuchungen über die Luftqualität in Klassenzimmern kommen zu beunruhigenden Ergebnissen.

(Foto: Florian Peljak)

Selbst in der Hochphase der Pandemie war die Luftqualität in deutschen Klassenzimmern stark verbesserungswürdig, ergeben umfangreiche Messungen.

Von Berit Uhlmann

Ziehen Kälte und Dunkelheit über Deutschland, trübt sich auch die Luft in den Klassenzimmern ein: Im Winter ist die Luftqualität häufig bedenklich, so das Ergebnis umfangreicher Messungen in 244 Schulräumen im Großraum München und in Mainz. Die Untersuchung von Christian Schwarzbauer von der Münchner Hochschule für angewandte Wissenschaften ist noch nicht wissenschaftlich begutachtet.

Der Professor für Medizintechnik und Medizininformatik hatte im gesamten Schuljahr 2021/22 die CO₂-Konzentration in den Klassenzimmern minutengenau aufgezeichnet. Das ausgeatmete Kohlendioxid kann nicht nur in größeren Mengen Kopfschmerzen und Konzentrationsprobleme auslösen, sondern dient auch als allgemeiner Indikator für die Luftqualität.

Die Messungen zeigten, dass der CO₂-Leitwert von 1000 ppm am häufigsten in Klassenräumen überschritten wurde, die allein über die Fenster gelüftet wurden. In 24 Prozent der Unterrichtstage waren die gemessenen Werte zu hoch. Verfügten die Zimmer über dezentrale Raumluftanlagen, die die Belüftung selbständig regulieren, wurde der Leitwert nur in elf Prozent der Zeit überschritten. Vergleichsweise effektiv war auch ein ventilatorgestütztes System, das am Max-Planck-Institut für Chemie in Mainz entwickelt wurde. Es besteht aus Ventilatoren, die in die Fenster eingebaut werden und Abzugshauben, die die Luft ansaugen; etwa 1000 Schulzimmer sind nach Angaben des Instituts mit der Konstruktion ausgestattet. Mit ihr wurde die CO₂-Konzentration an 16 Prozent der Tage überschritten. Mobile Luftfilter konnten die Kohlendioxid-Belastung naturgemäß nicht senken, denn die Filter entfernen das Gas nicht aus der Luft.

Alle Systeme hatten ihre Tücken

Inwieweit die verschiedenen Systeme Infektionen mit Sars-CoV-2 oder anderen über die Luft übertragenen Erregern verhindern, kann die Studie nicht wirklich beantworten. Tatsächlich aufgetretene Infektionen wurden nicht erfasst, auch Viruspartikel wurden nicht gemessen. Schwarzbauer schätzte die potenzielle Viruslast vielmehr anhand der Luftqualität ab.

Auch hier erwies sich vor allem die Fensterlüftung als verbesserungswürdig. Verglichen mit der Dosis, die in einem ideal belüfteten Raum erwartet wird, liegt die berechnete mögliche Viruskonzentration bei der Fensterlüftung deutlich höher. An 40 Prozent aller Unterrichtstage wurde hier der theoretische Referenzwert überschritten. In Räumen mit ventilatorgestützter Lösung wurde der Wert nur an 16 Prozent der Tage überschritten, in Räumen mit dezentraler Raumluftanlage an 13, in Zimmern mit mobilen Luftfiltern an neun Prozent der Tage. Abgeschlossene epidemiologische Studien, die solche Berechnungen stützen könnten, indem sie reale Infektionen in verschiedenen Klassenzimmern miteinander vergleichen, gibt es nicht.

Insgesamt, schlussfolgert Schwarzbauer, seien die dezentralen Lüftungsanlagen und das Ventilator-System ein guter Kompromiss. Sowohl was die CO₂-Konzentration als auch was die angenommene Viruslast angeht, erreichten sie relativ niedrige Werte. Zugleich zeigte sich, dass alle untersuchten Methoden fehleranfällig sein können. Sie alle konnten in Einzelfällen auch sehr hohe CO₂-Werte nicht verhindern - zum Teil lag die Konzentration bei über 4000 ppm.

Bei Fensterlüftung war vor allem der Winter problematisch, wohl weil die Kälte einen häufigen, langen Luftaustausch verhinderte. CO₂-Ampeln und bessere Aufklärung könnten hier helfen, schlägt Schwarzbauer vor. Mobile Luftfilter und ventilatorgestützte Systeme wurden dagegen nicht immer eingeschaltet. Bei Raumluftanlagen kam es zu Ausfällen, die vermutlich längere Zeit unbemerkt blieben. Bei allen technischen Lösungen kommt es zudem darauf an, dass sie für den jeweiligen Raum richtig konzipiert, eingestellt und gewartet werden.

Schwarzbauer betonte, dass die Schulen während einer Hochphase der Corona-Pandemie untersucht wurden. Damals sei die Aufmerksamkeit für die Luftqualität besonders groß gewesen. Jenseits solcher Krisenzeiten könne die Luft sehr schnell noch dicker werden. Dabei gelte, so der Forscher: "Gute Luftqualität in Unterrichtsräumen ist wichtig für das Wohlbefinden, die Gesundheit und die Leistungsfähigkeit unserer Schülerinnen und Schüler und sollte deshalb auch in Nicht-Pandemiezeiten ein zentrales Ziel bleiben."

Zur SZ-Startseite

SZ PlusCovid 19 und die Folgen
:Was von der Pandemie bleibt

Nur wenig hat die Bevölkerung global so traumatisiert wie die Verbreitung von Corona. Und jetzt, wo Drosten die Seuche für beendet erklärt hat? Schönreden kann man sie nicht, doch etwas stimmt hoffnungsvoll.

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: