Krankenhäuser - Berlin:Streik an der Charité für Verhandlungen ausgesetzt

Berlin
Pflegekräfte von Charité, Vivantes-Kliniken und Vivantes-Töchtern protestieren. Foto: Paul Zinken/dpa (Foto: dpa)

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Berlin (dpa) - Nach vier Wochen kommt Bewegung in den festgefahrenen Berliner Klinikstreik: Die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi und die Uni-Klinik Charité haben sich auf ein Eckpunktepapier zur Entlastung der Pflegekräfte geeinigt, teilten beide Seiten gemeinsam am Donnerstag mit. Charité und Verdi sprachen dabei von einem Durchbruch. Für die Dauer der Verhandlungen werde der Streik an der Charité nun ausgesetzt. Bis Mitte November wollen die Verhandlungspartner versuchen, sich auf einen Tarifvertrag "Gesundheitsfachberufe Charité" zu einigen, hieß es.

Beschäftigte waren am 9. September für einen Entlastungstarifvertrag in einen unbefristeten Streik an den landeseigenen Kliniken Charité und Vivantes getreten. Bei den Forderungen geht es unter anderem um eine Mindestbesetzung für Stationen, die Regelung von Zeitausgleich sowie bessere Ausbildungsbedingungen. Zwischenzeitlich hatte die Gewerkschaft von der Charité die Einstellung von rund 1200 zusätzlichen Mitarbeitenden in der Pflege verlangt. Eine Zahl, die der Markt laut Charité kaum hergibt.

In den Verhandlungen soll es nun um mehr als 700 neue Pflegekräfte in den nächsten drei Jahren gehen. Außerdem sind angepasste Personalschlüssel für Intensivstationen, Operationssäle und Notaufnahmen geplant. Für einen Belastungsausgleich beim Unterschreiten von festgelegten Personalgrenzen soll es ein Punktesystem geben, bei dem Mehrarbeit zum Beispiel auch in Sabbaticals investiert werden kann. Für Auszubildende ist unter anderem eine Dienstplansicherheit von zwei Monaten im Voraus im Gespräch. Zur Verständigung sei es nach einer Nachtsitzung am Donnerstagmorgen um 6.30 Uhr gekommen, sagte Verdi-Verhandlungsführerin Melanie Guba.

Die Charité zeigte sich zufrieden mit den bisherigen Ergebnissen. Ein Tarifvertrag sei ein wichtiger Meilenstein in der Gesamtstrategie bis 2030, sagte Vorstandsmitglied Carla Eysel. "Wir gehen davon aus, dass wir durch die getroffenen Regelungen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter länger im Beruf halten können, mehr Pflegekräfte ihren Stellenanteil erhöhen und wir verstärkt akademisierte Mitarbeitende aus den Gesundheitsfachberufen gewinnen können."

Die Siegerin bei den Wahlen zum Abgeordnetenhaus, Franziska Giffey (SPD), nannte den ersten Schritt in Richtung Einigung ein "sehr positives Signal". Das könne auch eine Orientierung für die Verhandlungen bei Vivantes sein. Auch die Berliner FDP sieht das so. Die Einigung auf ein Eckpunktepapier sei enorm wichtig für das Pflegepersonal und Patienten, kommentierte Gesundheitsfachmann Florian Kluckert. "Mit der Ankündigung, den Personalschlüssel zu erhöhen, kommt endlich wieder Qualität und Quantität da an, wo sie wirklich gebraucht wird."

Bei den Vivantes-Kliniken und den Vivantes-Tochtergesellschaften gab es hingegen keine Annäherung und der Streik geht dort zunächst weiter. Die Krankenhäuser müssen deswegen unter anderem planbare Operationen verschieben. Die Notfallversorgung ist gesichert.

Am kommenden Samstag ruft die Berliner Krankenhausbewegung unter dem Motto "Wir retten euch – Wer rettet uns?" erneut zu einer Demonstration für bessere Arbeitsbedingungen auf. Unterstützung erhält sie dabei vom Deutschen Gewerkschaftsbund in Berlin und Brandenburg. Die Kolleginnen und Kollegen an den Berliner Krankenhäusern setzten sich seit Monaten zu Recht für eine Verbesserung ihrer Situation ein, sagte der Vorsitzende Christian Hoßbach. Mit den erreichten Verhandlungserfolgen für die Charité-Beschäftigten sei ein wichtiger Teilerfolg gelungen.

© dpa-infocom, dpa:211007-99-510354/5

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