Korruption:Gesetz gegen Korruption im Gesundheitswesen

Laut einer Auswertung der KBV finden Anwendungsbeobachtungen demnach vor allem für teure Präparate statt: Die Medikamente, die dabei untersucht werden, betreffen demnach zwar nur zwei Prozent aller Verschreibungen, verursachen aber 25 Prozent aller Kosten. Auf Anfrage wollte die KBV diese Zahlen weder bestätigen noch dementieren. Sie verwies darauf, dass die Expertengespräche im Gesundheitsausschuss nicht für die Öffentlichkeit bestimmt seien.

Am heutigen Donnerstag will das Parlament ein Gesetz gegen Korruption im Gesundheitswesen verabschieden. Erstmals sollen dann auch niedergelassene Ärzte, die Schmiergeld von der Pharmaindustrie kassieren, bestraft werden können. Auch solche Anwendungsbeobachtungen, bei denen es nur um ein Honorar geht, um den Umsatz der eigenen Medikamente zu fördern, können dann vom Straftatbestand der Bestechung und Bestechlichkeit erfasst werden. Staatsanwälte müssen künftig bei einem Verdacht auf Korruption handeln.

SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach geht davon aus, dass das neue Gesetz auch die Auswüchse der AWB korrigiere. Er habe sich das Gesetz im Einzelnen strenger gewünscht, aber insgesamt sei es ein "großer Wurf". Nun liege der Ball bei den Gerichten. Die ersten Urteile gegen korrupte Ärzte hätten sicherlich einen Abschreckungseffekt.

"Da muss was passieren"

Kathrin Vogler, gesundheitspolitische Sprecherin der Linken, kann sich Lauterbachs Begeisterung für das neue Gesetz nicht anschließen. Sie bemängelt, dass es weiterhin keine systematische Überwachung bei den Scheinstudien geben wird. "Die Zahlen machen klar, dass hier eine korruptive Industrie entstanden ist", sagt sie. Die meisten Anwendungsbeobachtungen dienten dazu, "das Verbot von offener Ärzteschmierung durch Pharmakonzerne zu umgehen." Und weiter: "Es ist erschreckend, dass die Bundesregierung das große Problem der Pseudostudien kaum zur Kenntnis nimmt."

Kordula Schulz-Asche, arzneimittelpolitische Sprecherin der Grünen, pflichtet ihr bei. Beim Antikorruptionsgesetz habe man es versäumt, die AWB zu regeln. Sie will sich nun dafür einsetzen, die Scheinstudien im Arzneimittelgesetz zu kontrollieren, das demnächst neu verhandelt wird. Schulz-Asche: "Da muss was passieren."

Hristio Boytchev ist Redakteur von correctiv.org. Dieses unabhängige und gemeinnützige Recherchezentrum finanziert sich über Mitgliedsbeiträge und Spenden. Es gibt seine Recherchen kostenlos an andere Medien ab.

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