Virus in Krisenregion:Warum Ebola im Kongo weiter wütet

Health workers dressed in Ebola protective suits carry a coffin with the body of Congolese woman Kahambu Tulirwaho, who died of Ebola, as it is transported for a burial from the Ebola treatment centre in Butembo

Helfer tragen den Leichnam einer an Ebola verstorbenen Frau aus einem Behandlungszentrum in Butembo, Kongo.

(Foto: REUTERS)
  • Mehr als 1000 Menschen haben sich im Kongo seit August 2018 mit dem gefährlichen Ebola-Virus infiziert, mindestens 737 Menschen sind daran gestorben.
  • Kämpfe in der Region und Misstrauen gegenüber den Helfern erschweren die Eindämmung des Erregers.
  • Das Notfallkommittee der WHO hatte dennoch entschieden, den Ebola-Ausbruch nicht als "Internationalen Gesundheitsnotstand" einzustufen.

Obwohl die Infektionszahlen in der Demokratischen Republik Kongo rapide steigen, sieht die Weltgesundheitsorganisation WHO noch immer keinen Anlass, wegen des aktuellen Ebola-Ausbruchs in dem zentralafrikanischen Land den "Internationalen Gesundheitsnotstand" auszurufen. Das hat ein Expertengremium am vergangenen Freitag beschlossen. Die Mitglieder des Notfallkomitees betonen in einer Stellungnahme jedoch, dass sie die jüngste Zunahme der Infektionszahlen für äußerste bedrohlich halten und die Seuche jederzeit auf benachbarte Länder übergreifen könne.

Seit dem 1. August 2018 sind nach Angaben des kongolesischen Gesundheitsministeriums mindestens 737 Menschen an dem Virus gestorben, 1185 Infektionen wurden durch Laboruntersuchungen bestätigt, dazu kommen aktuell 66 Verdachtsfälle. Elf bestätigte Infektionen sind allein in den vergangenen Tagen dazu gekommen. 290 weitere Fälle werden derzeit untersucht.

Die Behörden gaben auch bekannt, dass mindestens sechs Menschen nicht in Behandlungszentren starben, und womöglich weitere Menschen infiziert haben. Auch zwei Flughafenmitarbeiter haben sich mit dem Virus infiziert.

Die Sicherheitslage im Norden Kongos erschwert die Arbeit der Helfer und verhindert, dass der Ausbruch unter Kontrolle gebracht werden kann, obwohl es mittlerweile eine Impfung gibt und mehr als 100 000 Menschen gegen das Virus immunisiert wurden. Experten vermuten, dass durch den Impfstoff eine noch größere Katastrophe und eine Ausweitung der Seuche auf weitere Länder verhindert wurde.

Im Norden des Landes, wo das Virus zurzeit wütet, werden Helfer häufig von Rebellen angegriffen. Ganze Behandlungszentren brannten bereits ab. Hinzu kommt, dass große Teile der Bevölkerung misstrauisch gegenüber dem Militär aber auch den Helfern sind. In dieser Gemengelage sei es schwierig, die Skeptiker in der Bevölkerung "von den nachweislichen Erfolgen der Behandlung zu überzeugen", sagt die Epidemiologin Christina Frank vom Robert-Koch-Institut (RKI) in Berlin. "Unter den Patienten, die innerhalb von drei Tagen nach Erkrankungsbeginn behandelt werden, überleben circa 80 Prozent, insgesamt sind es eher 30 bis 40 Prozent der Patienten", so Frank.

Der aktuelle Ausbruch lässt viele Experten ratlos zurück. "Man kann momentan überhaupt nicht abschätzen, wie der Ausbruch weitergehen wird", sagt etwa Peter Kremsner, Direktor des Instituts für Tropenmedizin an der Universität Tübingen. Der aktuelle Ausbruch sei einzigartig, er passe überhaupt nicht ins Bild der meisten vorherigen über 20 Ausbrüche. "Er verschwindet nicht, wie alle anderen, von selbst und obwohl wir mit der Impfung eine Waffe haben, die sehr gut wirkt, ändert sich nichts."

Kremsner vermutet, "man müsste eine gesamte Region durchimpfen, um der Ausbreitung Herr zu werden, aber das beträfe Millionen und so viel Impfstoff gibt es nicht", sagt der Tropenmediziner. Daher sei die derzeitige Strategie richtig, nur die Menschen im unmittelbaren Umkreis der Fälle zu impfen.

Erhöhte Fallzahlen - ein positives Signal?

Für die RKI-Epidemiologin Christina Frank könnte der starke Anstieg der Fallzahlen in den letzten Tagen auch etwas Gutes haben: "Wenn sich jetzt verstärkt Erkrankte zu erkennen geben und der Behandlung in einem Zentrum zustimmen, oder Familien an Ebola Verstorbene melden, wäre das trotz der hohen Fallzahlen eine positive Entwicklung, da dieses zwischendurch vermutlich oftmals unterblieb."

Die Erklärung des "Internationalen Gesundheitsnotstands" hätte mit Sicherheit mehr Aufmerksamkeit und mehr Ressourcen für den Ausbruch im Kongo mobilisieren können. Insofern sind viele Experten enttäuscht, dass sich die WHO dagegen entschieden hat. Tropenmediziner Kremsner betont jedoch, dass die Hilfsbereitschaft der internationalen Gemeinschaft bereits sehr hoch sei.

Hauptkriterium für die Entscheidung gegen den Notstand war wohl die Tatsache, dass sich das Virus noch nicht über Landesgrenzen hinweg ausgebreitet hat wie etwa beim großen Ebola-Ausbruch in Westafrika in den Jahren 2014 und 2015. Bereits im vergangenen Oktober hatte sich das Notfallkommittee getroffen, um über den Ebola-Ausbruch im Kongo zu beraten - und ihn auch damals nicht als Internationalen Gesundheitsnotstand deklariert.

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