Süddeutsche Zeitung

Zuckerreduktion:Diabetes Gesellschaft steigt aus Klöckners Expertenrat aus

  • Bundesernährungsministerin Klöckner hatte Ende 2018 eine Strategie vorgelegt, wie Zucker, Fett und Salz in Fertiggerichten reduziert werden sollen.
  • Darin ist vorgesehen, dass ein Gremium - unter anderen aus medizinischen Fachgesellschaften - die Umsetzung begleitet.
  • Einen Tag vor dem ersten Treffen kündigt die Deutsche Diabetes Gesellschaft ihre Mitarbeit in dem Gremium auf: Es sei praktisch wirkungslos.

Von Berit Uhlmann

Die Deutsche Diabetesgesellschaft (DDG) schränkt ihre Zusammenarbeit mit dem Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft ein. Die Fachgesellschaft wird nicht an dem Gremium teilnehmen, das die Umsetzung der Strategie zur Reduzierung von Zucker, Fett und Salz begleiten soll.

"In seiner jetzigen Form hat die Wissenschaft in dem Gremium praktisch keinen Einfluss auf die Formulierung konkreter Reduktionsziele", sagt DDG-Präsident Dirk Müller-Wieland der Süddeutschen Zeitung. "Bisher bleiben diese weit hinter dem zurück, was aus wissenschaftlicher Sicht notwendig wäre, um den Anstieg von Übergewicht und Diabetes in Deutschland zu stoppen." Der von Ernährungsministerin Julia Klöckner (CDU) eingeschlagene Sonderweg, eine Reduktion nur freiwillig und im Konsens mit der Industrie zu erreichen, müsse bereits jetzt als gescheitert angesehen werden.

Die so genannte Nationale Reduktions- und Innovationsstrategie für Zucker, Fette und Salz in Fertigprodukten setzt auf freiwillige Verpflichtungen der Lebensmittelindustrie, die Produkte bis 2025 gesünder zu machen. Was geschieht, wenn sich die Branche nicht an die Vereinbarung hält, ist unklar. Etliche Verbände aus Medizin und Verbraucherschutz haben die Maßnahmen als nicht ausreichend kritisiert.

Das Begleitgremium hat nach Angaben des Ministeriums die Aufgabe, "die Reduktionsmaßnahmen zu erörtern und Empfehlungen abzugeben, wie die Reduktionsstrategie auch in Zukunft erfolgreich implementiert werden kann". Seine Arbeit soll es ermöglichen, bereits im Herbst 2019 eine erste Bewertung der Maßnahmen vorzulegen. Allerdings soll dieser Expertenkreis lediglich einmal jährlich für zwei Stunden zusammenkommen. Aus Sicht der DDG ist diese Zeit nicht ausreichend, um wissenschaftlich fundiert über das Thema zu sprechen. Der erste Termin ist für diesen Dienstag geplant.

Die DDG betonte allerdings, sie sei weiterhin zu einem konstruktiven Dialog mit dem Ernährungsministerium bereit - beispielsweise über eine verständlichere Lebensmittelkennzeichnung oder den Schutz von Kindern vor Werbung für ungesunde Produkte. "Wir erwarten, dass hier der Schutz der Gesundheit Vorrang hat vor den wirtschaftlichen Interessen der Lebensmittelindustrie", sagt DDG-Geschäftsführerin Barbara Bitzer.

An der Ausgestaltung der Strategie hatten vier Fachgesellschaften - die DDG, die Deutsche Adipositas Gesellschaft sowie zwei Pädiaterverbände - teilgenommen. Hinzu kamen etliche Verbände aus Industrie und Handel. Allein in den ersten beiden Jahren der Beratungen trafen sich Mitarbeiter des Ministeriums 17 Mal mit Vertretern der Zucker- und Süßwarenindustrie, wie die Bundesregierung 2017 auf Anfrage der Grünen bekannt gab.

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