Süddeutsche Zeitung

Kinderspielzeug:Keime aus der Badeente

  • Schweizer Forscher haben 19 Badeenten aufgeschnitten und deren Innenleben untersucht.
  • Pro Quadratzentimeter wuchsen in den Kinderspielzeugen im Durchschnitt rund neun Millionen Bakterien.
  • Die Forscher wünschen sich strengere Vorschriften für das Material, aus dem die Badeenten gefertigt sind.

Von Hanno Charisius

Wahrscheinlich würden nur äußerst besorgte Eltern in Badeenten eine Gefahr für ihren Nachwuchs entdecken. Oder solche mit einschlägigen Erfahrungen, die also schon einmal nach Wochen der Nichtbenutzung braunen Saft aus einem Gummitier haben rinnen sehen. Oder jene, mit einem gewissen biologischen Instinkt, wie die Mikrobiologen vom Wasserforschungsinstitut Eawag in Dübendorf bei Zürich, die einfach mal ein paar benutzte Spielzeuge aufgeschnitten haben, um zu schauen, was da drin bei bestimmungsgemäßem Gebrauch passiert.

In Videos und Fotos dokumentieren die Gummitierpathologen, was sie bei ihren Operationen entdeckt haben: dunklen Schmier aus Bakterien und Pilzen, darunter auch ein paar Keime, die Menschen krank machen könnten. 19 Badespielzeuge haben die Wissenschaftler seziert, in jedem stießen sie auf schleimige Biofilme, die sich unter dem Elektronenmikroskop als komplexe Lebensgemeinschaften aus verschiedenen Mikroben entpuppten. Pro Quadratzentimeter wuchsen im Durchschnitt rund neun Millionen Bakterien, berichtet die Forschergruppe um den Mikrobiologen Frederik Hammes im Fachblatt npj Biofilms and Microbiomes.

Das Material der Tiere ist auch wesentliche Ursache für das Problem

Das Interesse der Forscher weckten die Badetiere, da diese "die Schnittstelle bilden zwischen Trinkwasser, Kunststoffen, externen Verschmutzungen und anfälligen Endnutzern", so heißt es im ersten Satz des Fachartikels. Die anfälligen Endnutzer sind die Kinder, die sich mit der Brühe aus den Enten gerne beim Bad bespritzen. Das könne im besten Fall die Immunabwehr stärken, sagt Hammes, "dann ist es positiv". Es könne aber auch zu Entzündungen an Augen und Ohren führen oder zu Magen-Darm-Infekten.

"Unappetitlich ja, aber kein Grund zur Panik", so fasst Ralf Dieckmann vom Bundesinstitut für Risikobewertung in Berlin den Fund der Mikrobiologen zusammen. Doch der Aufsatz zeige, dass Eltern ein Auge auf diese Gummitiere haben und sich des Risikos bewusst sein sollten. Bei Verdacht auf Befall rät er zur gründlichen Reinigung oder zur Entsorgung. Daneben freut es ihn, dass dieses Thema einmal systematisch angegangen wurde, denn "bisher gibt es dazu wenig wissenschaftliche Daten". Frederik Hammes und seine Kollegen empfehlen, zur Vorsorge die Löcher in den Plastiktieren zuzukleben, was allerdings den Spielwert mindern würde. Einen Befall könne man durch Auskochen der Spielzeuge bekämpfen, darunter leide allerdings der Kunststoff.

Das Material der Tiere ist nach Auffassung der Forscher auch wesentliche Ursache für das Problem: Meist bestünden diese aus billigen Kunststoffen, die in Kombination mit Schmutz von Menschen oder Shampooresten im Badewasser Keimwachstum fördern. Hammes wünscht sich deshalb strengere Vorschriften für die Polymere. So seien auch bereits andere problematische Materialien aus Spielzeugen verbannt worden.

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SZ vom 29.03.2018/jhs
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