Süddeutsche Zeitung

Kinder und Narkose:Was steckt hinter dem Delir?

Oft zeigen Kinder nach einer Narkose verwirrende Symptome: Sie randalieren, wirken apathisch und faseln vor sich hin. Forscher versuchen herauszufinden, was sich dahinter verbirgt.

Von Mareen Linnartz

Es sollte eigentlich ein Moment der Erleichterung sein: Wenn Kinder nach einer komplizierten oder weniger komplizierten Narkose aufwachen. Puh, alles gut gegangen, mein Kind ist wieder bei Bewusstsein, es ist wieder bei uns. In den Vorabendserien sieht es schließlich immer so aus: Augen auf, ein Lächeln, zwar noch lauter Kabel am Körper, aber: Alles überstanden, alles gut.

Spricht man mit Eltern über ihre Operations-Erfahrungen mit Kindern, ist es seltsamerweise fast nie so. Sie erzählen von wütenden und um sich schlagenden Kindergartenkindern, von vollkommen derangierten Zweijährigen, von apathisch wirkenden Schulkindern nach eigentlich eher harmlosen Eingriffen. Mehr als 30 Kinder haben die Redakteurinnen und Redakteure von SZ Familie insgesamt, und so entstehen oft Geschichten. Wir reden über solche Erfahrungen und denken dann: Da steckt doch mehr dahinter.

Was genau passiert im Gehirn? Gibt es Langzeitschäden?

Unsere Autorin Nataly Bleuel hat für das aktuelle Heft aufgeschrieben, wie es war, als ihr siebenjähriger Sohn nach einer schweren Kopf-OP fast drei Tage in diesem Übergangszustand war. Sie beschreibt die Angst, die sie hatte. Sie erklärt, warum Ärzte Eltern oft nicht aufklären. Und sie recherchiert, welche Gefahren dieses sogenannte "Delir" mit sich bringt, das besonders häufig bei Kinder und Alten auftaucht, weil deren Gehirne besonders sensibel sind. 85 Prozent aller Säuglinge zeigen nach einer Intensivbehandlung ein so genanntes Übergangssyndrom.

Die Forschung auf diesem Gebiet steht noch am Anfang. Soweit man heute weiß, gibt es 70 mögliche Ursachen für einen Delir: Bestimmte Narkosemittel genauso wie Wassermangel oder auch eine Infektion.

Was genau passiert im Gehirn? Gibt es Langzeitschäden? Wie kann man vor einer Operation das Risiko eines Delirs mindern? Was sollten Eltern vor einem Eingriff wissen? Und vor allem: Wie sollten sie nach einem Eingriff reagieren?

Nataly Bleuel hat ihrem Sohn damals Schlaflieder vorgesungen, sie ist ihm nicht von der Seite gewichen und hat seine Hand gehalten, als er schrie: "Pass auf, es kracht, da kommt ein Tornado!" Nach drei Tagen war der Spuk vorbei. Und ihr Sohn kann sich heute nicht mehr an die drei Tage des Delirs erinnern.

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