Kinder- und Jugendsportbericht:Rumsitzen statt Rumrennen

"Kinder laufen für Kinder" in München, 2016

"Kinder laufen für Kinder" ist eine Benefiz-Aktion in München.

(Foto: Catherina Hess)
  • Wissenschaftler bemängeln den Bewegungsmangel von Kindern und Jugendlichen.
  • Mitschuld sei die Ganztagsbetreuung. Die Folge seien Übergewicht, Haltungsschäden und motorische Defizite.
  • Der Bericht thematisiert auch soziale Ungleichheit und sexualisierte Gewalt im Sport und warnt vor überhöhten Ansprüchen an junge Leistungssportler.

Haltungsschäden und Übergewicht

Kinder und Jugendliche treiben zu wenig Sport. Zu diesem Ergebnis kommt der dritte Deutsche Kinder- und Jugendsportbericht der Krupp-Stiftung. Mitschuld sei der Ausbau der Ganztagsbetreuung in Kitas und Schulen, glauben die Wissenschaftler. Die Folge seien Koordinationsstörungen, Haltungsschäden oder Übergewicht, heißt es in dem Bericht.

Vereine und Verbände müssten deshalb dafür sorgen, erfolgreiche Kooperationsmodelle zwischen Vereinen und Schulen bekanntzumachen. Spiel und Sport müssten verstärkt in den Einrichtungen verankert werden, heißt es in dem in Essen vorgestellten Papier. Der letzte Deutsche Kinder- und Jugendsportbericht erschien 2008. Der Bericht wird von Sportwissenschaftlern, Pädagogen und Sportmedizinern erstellt.

"Dicke haben schon im ersten Schuljahr schlechtere motorische Fähigkeiten als normal- oder untergewichtige Kinder", sagt auch Christine Graf von der Deutschen Sporthochschule in Köln. Diese Defizite verstärkten sich mit der Zeit noch. Sie empfiehlt für Kinder 90 Minuten Bewegung am Tag. "Das ist notwendig, um gesund alt zu werden." In den 90 Minuten müsse das Kind zumindest etwas aus der Puste kommen und ein bisschen schwitzen.

Soziale Ungleichheit auch im Sport

Der Bericht hat zudem untersucht, wie sich soziale Ungleichheit auf Sportteilnahme von Kindern auswirkt. Ihr Vorschlag: Für sozial benachteiligte Kinder und Jugendliche sollten Bewegungsangebote in der Nähe ihres Wohnortes erarbeitet werden.

Christine Graf hält Sport nicht in erster Linie für eine Geldfrage. Wichtiger sei es, an der Einstellung der Kinder zu arbeiten und sie zum Sport zu ermuntern. "Wir als Eltern haben die Verantwortung, dass wir mit den Kindern Baden gehen." Viele Kinder könnten nicht richtig schwimmen; in Schulen werde Schwimmen nicht mehr ausreichend gelehrt.

Kritik an hohen Anforderungen an Leistungssportler

Um sexualisierter Gewalt im Sport vorzubeugen, fordern die Wissenschaftler bessere Schulungen für Übungsleiter und Trainer. Zudem warnen sie vor überhöhten Ansprüchen an junge Leistungssportler. Umfangreicheres und intensiveres Training vor allem in Kraftausdauersportarten würden zusammen mit längeren Schulzeiten hohe Belastungen ergeben. Die Verantwortbarkeit solch chronischer Belastungen müsse neu diskutiert werden.

Zu den weiteren Empfehlungen gehörten eine bessere Vorbereitung auf die Inklusion im Sportunterricht und in Vereinen, sowie Sport als Integrationschance für Migranten zu nutzen. Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) kündigte an, diese Empfehlungen zu prüfen.

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