Jemen:Schlimmste Cholera-Epidemie der Welt

Jemen: Ein Kind wird in einem Krankenhaus in Sanaa behandelt. Wie bei so vielen Kindern lautet der Verdacht: Cholera.

Ein Kind wird in einem Krankenhaus in Sanaa behandelt. Wie bei so vielen Kindern lautet der Verdacht: Cholera.

(Foto: AFP)
  • In Jemen gibt es mehr als 200 000 Verdachtsfälle auf Cholera.
  • Mehr als 1300 Menschen sind während des aktuellen Ausbruchs bereits gestorben.
  • Der Bürgerkrieg verhindert die Eindämmung der Seuche.

Von Paul-Anton Krüger, Doha

Jemen wird von der derzeit schlimmsten Cholera-Epidemie der Welt heimgesucht. Das UN-Kinderhilfswerks Unicef und die Weltgesundheitsorganisation WHO erklärten, die Zahl der Verdachtsfälle habe 200 000 bereits überstiegen. Jeden Tag infizierten sich in dem Bürgerkriegsland 5000 Menschen neu mit der Krankheit, die schweren Durchfall und Erbrechen auslöst und durch Flüssigkeitsverlust zum Tode führen kann. Seit Ausbruch der Epidemie Ende April sind in Jemen mehr als 1300 Menschen an Cholera gestorben, ein Viertel von ihnen Kinder. Es sei zu erwarten, dass die Zahl der Opfer schnell weiter steige. Die UN rechnen mit 300 000 Infizierten bis Ende August.

Cholera wird durch mit Fäkalien verunreinigtes Wasser und Lebensmittel übertragen. Zwei Drittel der 24 Millionen Jemeniten haben keinen Zugang zu sauberem Wasser wegen des Krieges; die Abwassersysteme und teils auch die Müllabfuhr funktionieren nicht mehr. Begünstigt wird die Ausbreitung durch die hohen Temperaturen und Regenfälle in den Bergen etwa um Sanaa. UN-Teams versuchen, durch HygieneAufklärung den Menschen zu zeigen, wie sie einer Ansteckung vorbeugen können.

Die Krankheit kann mit intravenös oder oral verabreichtem Flüssigkeitsersatz relativ erfolgreich behandelt und die Sterblichkeitsrate stark gesenkt werden. Aber auch das Gesundheitssystem in Jemen ist nach mehr als zwei Jahren Bürgerkrieg zusammengebrochen. Die Krankenhäuser, die noch arbeiten, sind heillos überfüllt. Die hygienischen Zustände sind unerträglich, es fehlt an Medikamenten. Ärzte und Pflegepersonal haben seit Monaten kein Gehalt mehr vom Staat erhalten. Die Menschen sind geschwächt, weil viele nicht genug zu essen haben. 18,8 Millionen sind von Hilfslieferungen abhängig, sieben Millionen von einer akuten Hungersnot bedroht.

Auslöser der Katastrophe im ärmsten Land der arabischen Welt ist der Bürgerkrieg: Die international anerkannte Regierung von Präsident Abd Rabbo Mansur Hadi kämpft mit Unterstützung einer von Saudi-Arabien geführten Militärkoalition gegen die Huthi-Milizen, die Hilfe von Iran erhalten. Sie eroberten 2015 weite Teile des Landes und trieben Hadi aus dem Land. Saudi-Arabien setzt im Namen Hadis eine Blockade gegen Jemens Norden durch; in den von den Huthis kontrollierten Gebieten lebt der Großteil der Bevölkerung. Die Folge sind Versorgungsengpässe. Zehntausende Luftangriffe der von Riad geführten Koalition haben zudem die Infrastruktur des Landes schwer beschädigt.

Der neue saudische Kronprinz Mohammed bin Salman ordnete als erste Amtshandlung eine Spende von 66,7 Millionen Dollar an Unicef und WHO zur Bekämpfung der Seuche an. Die Bemühungen um Friedensverhandlungen in Jemen sind derzeit zum Erliegen gekommen. Die Huthis erklärten den UN-Sondergesandten Ismail Scheich Ould Ahmed für unerwünscht und verhinderten nicht, dass sein Konvoi in Sanaa angegriffen wurde. Beide Seiten instrumentalisieren laut westlichen Diplomaten Hilfslieferungen für politische Zwecke.

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