Influenza:Schniefend auf dem Flur

  • In diesem Winter haben sich besonders viele Menschen mit der Influenza infiziert.
  • Einige Kliniken in Niedersachsen müssen ihre Patienten auf den Fluren unterbringen.
  • Den Höhepunkt der Grippewelle erwarten Experten in drei Wochen.
  • Unternehmen müssen umplanen, weil viele Mitarbeiter ausfallen.

Wer das Wort "Grippe" bei Google eingibt, stößt zuallererst auf folgende Frage: "Echte Grippe oder Erkältung?" Für viele Betroffene dauert es allerdings nur wenige Stunden, und die Antwort liegt auf der Hand: Die sogenannte "echte Grippe" oder "Influenza" beginnt meist schlagartig mit Kopfschmerzen, Schüttelfrost und Gliederschmerzen, wenig später setzt das Fieber ein, steigt auf bis zu 40 Grad Celsius - und dann geht ein paar Tage lang erst mal nichts mehr.

So viele Menschen wie in diesem Winter hat es schon lange nicht mehr erwischt. Was gleichzeitig bedeutet: Wer jetzt mit Influenza ins Krankenhaus muss, für den kann es ungemütlich werden.

Einige Kliniken in Niedersachsen müssen ihre Patienten auf den Fluren unterbringen. Die Stationen seien teilweise überlastet und müssten Betten auf die Gänge stellen oder Zimmer überbelegen, sagt Helge Engelke von der Niedersächsischen Krankenhausgesellschaft. "Das liegt mit an der Grippewelle." Besonders in den Ballungsräumen wie Osnabrück, Oldenburg, Braunschweig oder Hannover seien die Klinken voll.

Höhepunkt der Grippe in kommenden drei Wochen erwartet

Den Höhepunkt der Grippewelle in Deutschland erwarten Experten vom Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung in Braunschweig in den kommenden drei Wochen. Alleine vom 9. bis 15. Februar wurden 343 laborbestätigte Grippefälle in Niedersachsen gemeldet, schreibt das Landesgesundheitsamt in seinem aktuellen Wochenbericht. In Braunschweig müssen deshalb bis zu 15 Patienten am Tag auf den Fluren schlafen.

Doch das Schlimmste könnte erst noch bevorstehen: "Die Grippe ist in Braunschweig noch gar nicht angekommen", sagt Kliniksprecherin Marion Lenz. Es sei zu befürchten, dass nicht nur mehr Patienten kommen, sondern auch erkranktes Personal ausfällt. Die Braunschweiger Krankenhaus-Chefs appellieren deshalb an die Patienten, zunächst einen niedergelassenen Arzt oder eine Bereitschaftspraxis aufzusuchen. Dort könne geklärt werden, ob eine Klinik-Behandlung tatsächlich notwendig ist.

Krankenpfleger mit Bett

Krankenpfleger mit Bett: Viele Kliniken sind wegen der Grippewelle und eigenem Personalausfall am Limit.

(Foto: Daniel Bockwoldt/dpa)

Vor allem in den kleineren Kliniken sei der Betrieb vielerorts nichts mehr gewährleistet, berichtete der Baden-Württembergische Industrie- und Handelskammertag (BWIHK). Die Großen könnten solche Wellen in der Regel noch einigermaßen abfedern. Man rücke zusammen, helfe sich gegenseitig aus, wie immer in Grippezeiten, heißt es etwa im Robert-Bosch-Krankenhaus in Stuttgart mit seinen - teils sehr ansteckungsgefährdeten - 2700 Mitarbeitern. "Die Zahl der an Influenza erkrankten Mitarbeiter geht schon über das hinaus, was wir in einem normalen Februar haben", sagt Oberarzt Martin Kimmel. Das Krankenhaus diagnostiziere aktuell zehn echte Grippefälle pro Tag.

"Stark erhöhte Influenzaaktivität" im Süden und in Stuttgart

Für Stuttgart wie für viele Regionen im Süden meldet die Arbeitsgemeinschaft Influenza (AGI) eine "stark erhöhte Influenzaaktivität". Die Unternehmen spüren das, nehmen es aber gelassen. "Wie immer" oder "saisonüblich" seien die Krankenzahlen zuletzt nach oben gegangen, oft wegen der Grippe. "Signifikant" höher als in den Vorjahren sei der Ausschlag, heißt es hingegen beim Chemiekonzern BASF mit 39 000 Beschäftigten in Ludwigshafen. Bei den Fahrern der Straßenbahnen in und um Karlsruhe war zuletzt fast jeder fünfte erkrankt. Fahrten mussten gestrichen werden - der Betriebsleiter der Verkehrsbetriebe Karlsruhe setzte sich kurzerhand selbst ans Steuer.

Das Uniklinikum Freiburg verschiebt derzeit planbare Eingriffe, da etwa jeder zehnte Mitarbeiter ausgefallen sei. Auch in Berlin lässt die Grippe noch nicht nach. Für die aktuelle Saison sind rund 730 Erkrankungen gemeldet worden, davon allein 182 in der Woche bis zum 18. Februar, teilte das Landesamt für Gesundheit und Soziales mit.

In der laufenden Welle sei mit einem weiteren Anstieg der Neuerkrankungen zu rechnen. Am häufigsten sind bisher Kinder und Jugendliche bis 14 Jahren betroffen. Bei den Erwachsenen erwischte es die 30- bis 40-Jährigen am häufigsten. Die große Mehrzahl der Patienten hat sich nicht gegen Grippe impfen lassen. Von den 182 Erkrankten der Woche bis zum 18. Februar ließen sich zum Beispiel nur 13 zuvor immunisieren.

In dieser Saison kann der Grippeimpfstoff aber nicht hundertprozentig schützen, weil sich ein Subtyp des Virus seit der Festlegung auf die Komponenten leicht verändert hat.

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