Die meisten Symptome der Erkältung sind schon abgeklungen, doch der Husten hält sich hartnäckig und nervtötend. Muss man sich Sorgen machen? Etwas unternehmen? Mit derartigen Fragen beschäftigt sich eine vor wenigen Tagen erschienene aktualisierte Leitlinie zum Husten bei Erwachsenen. Sie wurde unter Federführung der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin (DGP) erstellt. Die wichtigsten Fakten.
Akuter Husten: Meist steckt eine simple Erkältung dahinter
Die Autorinnen und Autoren der Leitlinie unterteilen den Husten in erster Linie nach dessen Dauer. Die häufigste Form ist der akute Husten, der per Definition maximal drei Wochen anhält und meist als Folge einer typischen Erkältung auftritt. In diesem Fall stehen die Chancen gut, dass er ganz von allein wieder abebbt. Sofern keine Warnhinweise wie hohes Fieber oder Atemnot auftreten, reichen der Leitlinie zufolge Anamnese und körperliche Untersuchung aus. Zur Linderung könnten gängige Hustenstiller eingesetzt werden, heißt es in dem DPG-Dokument weiter.
Eine 2021 erschienene Husten-Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, die stärker auf die akuten Fälle eingeht, hebt dagegen hervor, dass Erwachsene keine Medikamente für den kurzfristigen Husten benötigen würden. Die Verfasser halten zudem den Erfolg der gängigen Arzneien für fraglich. So lägen für Mittel mit dem Wirkstoff Dextromethorphan, der beispielsweise in Präparaten der Marken Wick und Silomat enthalten ist, Hinweise auf eine Wirksamkeit vor. Sie seien allerdings eher spärlich und ließen nur relativ geringe Effekte erwarten. Ähnlich sei die Lage bei pflanzlichen Präparaten mit Efeu, Thymian und Pelargonium, die auch Nebenwirkung haben können. Für viele andere Präparate konnte keine Wirksamkeit gezeigt werden.
Als Option führt die Leitlinie der Hausärzte codeinhaltige Medikamente an. Zwar hätten diese in Studien keinen hustenstillenden Effekt gezeigt, könnten aber aufgrund ihrer sedierenden Wirkung bei gestörtem Schlaf sinnvoll sein.
Beide Leitlinien heben hervor, dass für die allermeisten Fälle des akuten Hustens keine Antibiotika eingesetzt werden sollten, da deren Auslöser in der Regel Viren sind, gegen die diese Substanzen gar nicht wirken.

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Subakute Beschwerden: Oft Begleiter von Grippe, Covid und RSV-Infektionen
Hält der Husten mehr als drei Wochen an, müssen sich Patienten zunächst noch keine Sorgen machen. Einen Husten zwischen drei und acht Wochen Dauer bezeichnen die Fachleute als subakut. Auch er verschwindet in der Regel von allein.
Subakuter Husten geht wie sein akuter Verwandter meist auf eine Virusinfektion zurück. Die Erreger von Grippe und Covid beispielsweise oder auch das Respiratorische Synzytial-Virus (RSV) können ihn auslösen. Auch der Keuchhusten, eine wieder häufiger auftretende bakterielle Erkrankung, geht mit längerem Husten einher. Antibiotika helfen hier allerdings nur, wenn sie innerhalb der ersten zwei Wochen angewendet werden.
Auch für den mittellangen Husten stellt die Leitlinie klar, dass ohne Warnzeichen oder konkreten Verdacht auf andere Erkrankungen keine speziellen Untersuchungen nötig sind. Die spontan abheilenden Beschwerden rechtfertigten weder die Kosten noch die potenziellen Nebenwirkungen einer aufwendigen Diagnostik, begründet Leitlinien-Koordinator Peter Kardos die Empfehlung. Zugleich führt der Lungenspezialist der Klinik Maingau vom Roten Kreuz in Frankfurt am Main praktische Gesichtspunkte an: „Bis die Termine beim behandelnden Arzt für das Röntgen, das Labor und die Bestimmung der Lungenfunktion wahrgenommen sind, ist der Husten bereits abgeklungen.“ Vor allem aber haben die Untersuchungen in der Regel keine therapeutische Konsequenz. Denn bei diesem, meist durch Infektionen ausgelösten Husten, gebe es kaum mehr Optionen, als abzuwarten und unter Umständen auf die gängigen Medikamente zu setzen.

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Chronischer Husten: Es könnten ernstere Erkrankungen zugrunde liegen
Ernster wird die Lage, wenn der Husten nach acht Wochen nicht abgeklungen ist. Fachleute sprechen dann vom chronischen Husten; etwa zehn Prozent der Deutschen leiden darunter. Er könne die Lebensqualität erheblich beeinträchtigen, sagt Kardos. In der Mehrheit der Fälle liegt dem hartnäckigen Husten eine chronische oder langwierige Erkrankung zugrunde. Dazu gehören Leiden der Atemwege wie die Raucherbronchitis, COPD, Asthma, Schlafapnoe, Lungentumore oder aber einige Infektionskrankheiten wie Tuberkulose. Auch kardiologische Erkrankungen wie eine chronische Herzinsuffizienz oder Herzrhythmusstörungen können zum lang andauernden Husten führen. Eine weitere Ursache können Reflux-Beschwerden sein, bei denen Magensaft in die Speiseröhre gelangt und unter anderem zu Sodbrennen und Aufstoßen führt. Allerdings ist der kausale Zusammenhang zum chronischen Husten nicht sicher belegt.
Als weitere Ursache führt die Leitlinie auch bestimmte Medikamente auf. Bekannt für diese Nebenwirkung sind vor allem Angiotensin-Converting-Enzyme-(ACE)-Hemmer, die zur Senkung des Blutdrucks eingesetzt werden. Sie führen bei fünf bis zehn Prozent aller Patienten zu einer Überempfindlichkeit der Hustenrezeptoren und verursachen so einen meist trockenen Husten. Auch das ebenfalls bei Herz-Kreislauf-Erkrankungen eingesetzte Mittel Amiodaron sowie Betablocker können eine Ursache für chronischen Husten sein. Medikamente, die inhaliert werden, können mit ihren Treibhausgasen die Hustenrezeptoren reizen.
Beim chronischen Husten raten die Leitlinien-Autoren zu einer zügigen Diagnostik – mit Röntgenaufnahme, einem Funktionstest der Lunge sowie individuell an die Symptome der Patienten angepassten Untersuchungen. Ziel ist es, die auslösende Krankheit zu erkennen und zu behandeln oder aber Medikamente durch verträglichere zu ersetzen.
Dauerreiz durch empfindliche Rezeptoren
Bei etwa 30 bis 40 Prozent aller Patienten mit chronischem Husten fördern die Untersuchungen keine eindeutige Ursache zutage. Das ist nicht nur für die Betroffenen unbefriedigend. „In Fachkreisen gibt es durchaus noch die Einstellung: Wenn ich die Ursache für einen Husten nicht finde, dann bin ich ein schlechter Arzt oder eine schlechte Ärztin“, so Kardos. Heute wisse man aber, dass es auch Husten ohne die üblichen Verdächtigen gebe. „Der Grund liegt in einem überempfindlichen Hustenreflex“, sagt der Lungenarzt.
Die Patienten, so heißt es in der Leitlinie, reagieren selbst auf schwache Reize, die bei Gesunden noch keine Reaktion auslösen. Temperaturveränderung, Lachen, längeres Sprechen, Staub oder Rauch können dazu gehören. Frauen im höheren Alter sind besonders häufig betroffen. „Die Hustenrezeptoren bei Frauen sind grundsätzlich empfindlicher als bei Männern“, erläutert der Mediziner. Man vermute zudem, dass auch die hormonelle Umstellung nach der Menopause eine Rolle spielt, hierzu lägen aber keine ausreichenden Untersuchungen vor.
Chronischer Husten ohne zugrundeliegende Erkrankung ist eine Ausschlussdiagnose, hält die Leitlinie fest. Allerdings „muss und kann keinesfalls jeder Patient die gesamte diagnostische Palette durchlaufen“, heißt es. Manche Krankheiten können bereits durch die Abwesenheit von Symptomen ausgeschlossen werden.
Wenngleich in diesen Fällen keine ursächliche Heilung möglich ist, kann eine Linderung erreicht werden. Die auch beim akuten Husten eingesetzten Medikamente können unter Umständen phasenweise Erleichterung bringen. Sie sind allerdings nicht für eine Langzeittherapie zugelassen. Bestimmte Medikamente, die normalerweise bei neurologischen Beschwerden eingesetzt werden, helfen etwa 20 Prozent der Patienten; sie haben zwar keine Zulassung für den chronischen Husten, können aber vom Arzt als sogenannte Off-Label-Anwendung verordnet werden. Zur Linderung beitragen können auch Beratungen, die zum Beispiel auf die Vermeidung der Auslöser zielen, eine Atem-Physiotherapie oder Logopädie.