Influenza:Ein Impfstoff gegen alle Grippeviren

Eine einzige Impfung und nie wieder Grippe - diesem Traum sind britische Wissenschaftler möglicherweise einen wichtigen Schritt näher gekommen.

M. C. Schulte von Drach

Es ist mit 22 Teilnehmern nur eine winzige Studie, und ihre Daten haben die Forscher noch gar nicht veröffentlicht. Trotzdem sprechen britische Medien bereits von einem Durchbruch. Denn sollte die Technik der Wissenschaftler der britischen Jenner Institute Laboratories in Oxford tatsächlich so gut funktionieren, wie es der erste Eindruck offenbar verspricht, dann hätten sie ein wichtiges Ziel erreicht: Ein Impfstoff, der gegen alle - oder fast alle - Grippe-Viren schützt.

Grippe Grippevirus H3N2

Influenza-Viren vom Subtyp H3N2. Britische Wissenschaftler infizierten Versuchspersonen mit solchen Viren, nachdem sie diese mit einem neuen Impfstoff behandelt hatten.

(Foto: CDC)

Die Experten des Instituts, das von der Universität Oxford gemeinsam mit dem britischen Institute for Animal Health betrieben wird, testeten zum ersten Mal einen Impfstoff an Menschen, der sich nicht wie die üblichen Mittel gegen Proteine an der Oberfläche von Grippe-Viren richtet. Da diese Angriffspunkte für die Impfstoffe sich bei den Viren ständig ändern, müssen solche Mittel jedes Jahr auf die zu erwartenden Krankheitserreger zugeschnitten werden. Das dauert Monate und kostet viel Geld. Und im folgenden Jahr wird ein neuer Impfstoff benötigt.

Bei dem jetzt getesteten Impfstoff ist das anders. Er zielt auf zwei für die Viren lebenswichtigen Proteine im Inneren der Krankheitserreger. Es handelt sich um Eiweiße, sich kaum verändern können und in 90 Prozent der Stämme der Influenza-A-Subtypen identisch sind. Zu diesen gehören die wichtigsten Grippe-Viren wie die Erreger der Humaninfluenza, der Schweine- und Vogelgrippe, der Asiatischen, der Spanischen und der Hongkong-Grippe.

Sollte sich die neue Technik bewähren, so könnte man den gleichen Impfstoff jedes Jahr aufs Neue einsetzen. "Es wäre mehr wie die Vorbeugung gegen andere Krankheiten wie etwa Tetanus", beschreibt Studienleiterin Sarah Gilbert ihre Hoffnungen im britischen Guardian. Dann wären die Mediziner besser vorbereitet, wenn es zu plötzlichen Ausbrüchen käme, und Engpässe könnten der Vergangenheit angehören.

Im Gegensatz zu den klassischen Impfstoffen bereitet der neue Stoff den Körper nicht dadurch auf die Infektion vor, dass er die Zahl der Antikörper des Immunsystems erhöht. Vielmehr kurbelt er die Produktion der T-Zellen an, einem weiteren Bestandteil des Immunsystems. Die Wissenschaftler hoffen darüber hinaus, dass die Schutzwirkung zehn Jahre anhält und - anders als herkömmliche Impfstoffe - auch Menschen über 50 Jahre gut schützt.

Das Team um Gilbert hatte elf gesunde Versuchsteilnehmer im Alter von über 50 Jahren mit ihrem Impfstoff behandelt und sie dann mit H3N2-Viren infiziert, einem weitverbreiteten Influenza-Erreger. Elf weitere Probanden wurden mit dem Virus angesteckt, ohne dass sie einen Impfstoff erhalten hatten. Dann beobachteten die Mediziner das Auftreten und die Stärke der Krankheitssymptome bei den Studienteilnehmern.

Wie Gilbert dem Guardian erklärte, entwickelten weniger Personen eine Grippe, die geimpft worden waren. "Darauf, dass der Impfstoff schützt, deutet nicht nur die Zahl derjenigen hin, die an einer Grippe erkrankten, sondern auch ein Blick auf ihre T-Zellen, bevor sie infiziert wurden", sagt die Wissenschaftlerin. Die geimpften Menschen hatten demnach T-Zellen, "die aktiviert, geprägt und bereit waren zu töten".

Mit ihren Ergebnissen haben die Forscher zwei erste Ziele erreicht. Ihr Impfstoff scheint auf den ersten Blick sicher zu sein - und effektiv. "Das ist das erste Mal, das jemand versucht hat, die T-Zellen-Reaktion auf Influenza-Viren anzufeuern, und zu prüfen, ob es vor der Entwicklung der Grippe schützt", begeistert sich Gilbert.

Nun müssen die Daten noch die Experten überzeugen, die die Studie vor der Veröffentlichung in einem Fachjournal begutachten. Im nächsten Schritt soll die Vakzine an mehreren tausend Probanden getestet werden.

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