Die Entwicklung vom Säugling zum erwachsenen, fortpflanzungsfähigen Lebewesen verläuft beim Menschen so langsam wie bei keinem anderen bekannten Organismus. Das liegt, so die gängige Hypothese, an dem großen und komplexen Gehirn des Menschen, das bei seiner Entwicklung so viel Energie verbraucht, dass der restliche Körper sein Wachstum bremsen muss. Neue Ergebnisse eines amerikanischen Forscherteams bestätigen diese Annahme jetzt. Demnach verbraucht das Gehirn eines etwa 5-jährigen Kindes 66 Prozent der Energie, die der Körper insgesamt im Ruhezustand benötigt. In diesem Alter verlangsamt sich das Wachstum von Kindern typischerweise.
Bezogen auf einen Tag, an dem auch gespielt und getobt und nicht nur im Bett gelegen wird, zweigt das Gehirn noch immer 43 Prozent des Gesamtenergiebedarfs für seine eigenen Zwecke ab, berichten die Forscher im Fachjournal PNAS (online). Sie hatten den Glukose-Verbrauch der Kinderhirne anhand von Messdaten verschiedener bildgebender Verfahren bestimmt.
Kurz nach der Geburt ist demnach der Glukoseverbrauch zumindest bei Jungen noch ziemlich ausgeglichen zwischen Körper und Hirn. Bei Mädchen allerdings verbraucht das Gehirn auch zu diesem Zeitpunkt fast 60 Prozent vom Ruhebedarf des gesamten Körpers. Nach dem fünften Geburtstag geht der Glukosebedarf des Gehirns allmählich wieder zurück und der Körper wächst wieder schneller bis zur Pubertät. Die Forscher sehen in ihrer Analyse einen klaren Beleg für die alte Vermutung, dass die außerordentliche Lernfähigkeit des Kindergehirns zum Preis einer verminderten Wachstumsgeschwindigkeit des Körpers erkauft wird. Das allerdings bedeutet nicht, dass Kinder viel Zucker brauchen, um sich mental und körperlich gut entwickeln zu können. Der Körper kann die notwendige Glukose nämlich auch aus anderen Nährstoffen wie Fett oder Eiweißen herstellen.