Gesundheitswesen:Der Pflegeberuf soll attraktiver werden - nur wie?

Gesundheitswesen: Um sie geht es: Junge Menschen sollen sich auch in Zukunft für den Pflegeberuf entscheiden.

Um sie geht es: Junge Menschen sollen sich auch in Zukunft für den Pflegeberuf entscheiden.

(Foto: Robert Haas)

"Ohne uns geht es nicht": Die Bundesregierung und private Anbieter ringen um die geplante Reform der Pflegeausbildung.

Von Kim Björn Becker

Die Bundesregierung und private Anbieter streiten seit Wochen um die geplante Reform der Pflegeausbildung - nun wird die Debatte immer heftiger. Der Pflegebeauftragte der Bundesregierung, Karl-Josef Laumann, ging heute gegen die Kritiker des Gesetzes vor, die vor allem aus den Reihen der privaten Arbeitgeber kommen. Laumann unterstellte ihnen, dass sie das geplante Gesetz nur deshalb ablehnen würden, weil sie ihre Pflegekräfte weiterhin schlecht bezahlen wollten. Wer nicht einmal Tariflöhne biete, der meine es "nicht gut mit der Pflege", sagte Laumann zu Beginn des deutschen Pflegetags am Donnerstag in Berlin. Von ihnen "lasse ich mir keine Ratschläge erteilen, wie ich das Gesetz mache".

Das sogenannte Pflegeberufsgesetz wurde gemeinsam vom Gesundheits- und Familienministerium erarbeitet. Mitte Januar hat das Bundeskabinett den Entwurf beschlossen. Herzstück ist der Plan, dass die bisher getrennten Ausbildungen zum Alten-, Kranken- und Kinderkrankenpfleger zusammengelegt werden, da bereits jetzt etliche Inhalte gleich sind.

Im Ergebnis soll es eine sogenannte generalistische Ausbildung geben, die aber weiterhin eine Spezialisierung ermöglicht. Nur sollen sich die Auszubildenden in Zukunft während der drei Jahre für einen Weg entscheiden, nicht schon vorher. Ferner soll es für die Azubis leichter werden, von einer Sparte zur anderen zu Wechseln.

Der Beruf des Pflegers soll attraktiver werden

Das Gesetz sieht außerdem vor, das Schuldgeld abzuschaffen, das in einigen Bundesländern noch gezahlt wird. Außerdem soll es bundesweit eine Umlage geben, sodass auch jene Betriebe, die nicht ausbilden, sich an den Ausbildungskosten beteiligen müssen. Auf diese Weise erhofft sich die Bundesregierung, dass der Beruf des Pflegers attraktiver wird. In den kommenden Jahren fehlen Zehntausende Fachkräfte im Land, da die Bevölkerung weiter altert. In der Ausbildung sieht man in der Koalition einen wesentlichen Beitrag zur Lösung des Pflegenotstands.

Unter anderem der Bundesverband der Anbieter privater sozialer Dienste ist strikt gegen die Reform. Er warnte unlängst davor, dass durch das Gesetz sogar Ausbildungsplätze verloren gehen könnten. Die Bundesregierung und etliche andere Wohlfahrtsverbände bestreiten das jedoch, sie gehen vom Gegenteil aus.

Derzeit wird das Gesetz im Bundesrat diskutiert. Dort wurden bereits Stimmen laut, das Gesetz erst 2019 statt wie geplant bereits im Jahr 2018 in Kraft treten zu lassen. Die nordrhein-westfälische Gesundheitsministerin Barbara Steffens (Grüne) gilt als die schärfste Kritikerin der Generalistik. Sie forderte sogar, dass das Gesetzgebungsverfahren ausgesetzt werden müsse. Grund seien verfassungsrechtliche Bedenken, da die Kosten der Reform über Länderfonds getragen werden sollen. Der Bund sei laut eines von den Grünen in Auftrag gegebenen Gutachtens aber nicht berechtigt, diese vorzuschreiben. Es müsse vielmehr einen Bundesfonds geben. Laumann erwiderte ihr nun, er freue sich, dass Nordrhein-Westfalen im Bundesrat "mit seiner komischen Haltung völlig isoliert" sei.

"Ohne uns geht es nicht"

Unterstützung erhielt Laumann am Donnerstag von Andreas Westerfellhaus. Er ist Präsident des Deutschen Pflegerats, einer Dachorganisation von mehr als einem Dutzend Berufsverbänden. Westerfellhaus bezeichnete die Ausbildungsreform als dringend erforderlich. Wenn das Gesetz jetzt nicht rasch umgesetzt werde, dann sei das ein "Skandal".

Auch machten sich beide, Laumann und Westerfellhaus, für die Pflegekammern stark. Sie könnten, so die Hoffnung, die politische Verhandlungsposition der Branche auf Landes- und Bundesebene verbessern. In mehreren Ländern gibt es Bestrebungen, entsprechende Körperschaften mit einer Pflichtmitgliedschaft für alle Berufstätigen einzurichten, wie es sie auch etwa für Ärzte und Apotheker gibt. Seit Jahresbeginn existiert eine Kammer in Rheinland-Pfalz. In Schleswig-Holstein ist sie auf den Weg gebracht worden. Westerfellhaus sprach sich vor diesem Hintergrund auch für die Bildung einer Bundespflegekammer aus. "Wir sind die größte Berufsgruppe im Gesundheitswesen, ohne uns geht es nicht", sagte er.

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