Wenn es eine Erfahrung gibt, die alle jungen Eltern teilen - zumindest alle Eltern, die ihre Kinder in den Kindergarten schickten - dann ist es diese: Es gibt deutlich mehr Viren auf der Welt als gedacht. Vor allem am Anfang der Kita-Phase nehmen die jungen Eltern beinahe jede Erkältung mit, die gerade in der Gruppe des Sprösslings umgeht. Am Arbeitsplatz erkennt man die frischen Mütter und Väter an ihren notorischen Triefnasen und dem Vorrat an Sinupret, Paracetamol, Nasenspray und Taschentüchern in der Schublade.
Nach einer Erhebung der Techniker Krankenkasse (TK) ist diese Wahrnehmung aber nur bedingt richtig. Denn in Wirklichkeit sind Eltern nämlich gesünder als Menschen ohne Kinder. Das jedenfalls legt eine Auswertung der Daten von 4,6 Millionen versicherten Berufstätigen aus dem Jahr 2015 nahe. Demnach fehlten Beschäftigte mit Kinder im Schnitt 2,5 Tage weniger oft am Arbeitsplatz und nahmen auch deutlich weniger verschreibungspflichtige Medikamente zu sich.
Laut Daten der TK fehlten die Versicherten ohne Kinder im vergangenen Jahr im Schnitt 16,5 Tage. Eltern mit Kindern blieben hingegen durchschnittlich nur 14,3 Tage krankheitsbedingt zu Hause. Der Durchschnitt aller TK-Versicherten liegt bei 15,4 Tagen. Sie sind also der Statistik nach deutlich leistungsfähiger als ihre kinderlosen Kollegen. Was aber ist nun mit den Kita-Viren?
"In den jüngeren Jahrgängen liegen die Fehlzeiten bei Eltern noch höher."
Hier bietet der TK-Report eine mögliche Erklärung an. Denn nach Worten von Studienleiter Thomas Grobe vom Aqua-Institut zeichnet sich erst nach dem 40. Lebensjahr ab, dass Eltern gesünder sind als Nicht-Eltern. "In den jüngeren Jahrgängen liegen die Fehlzeiten bei Eltern noch höher."
Tatsächlich entfaltet das Elternsein in Sachen wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit und Gesundheit insbesondere in den späteren Lebensjahren seine heilsamen Kräfte. Denn je älter die Eltern werden, desto gesünder sind sie im Vergleich zu ihren Arbeitskollegen ohne Kinder. "Bei den über 55-jährigen beträgt die Differenz über eine Woche", so Grobe. Eine Gemeinsamkeit weisen Eltern jeden Alters auf. Sie nehmen deutlich weniger Psychopharmaka als die Kollegen, die keine Kinder haben.
TK-Chef Jens Baas deutet insbesondere diesen Umstand als Beleg für die Ausgeglichenheit der sogenannten Sandwich-Generation, die eine dreifache Belastung aus Job, Kindern und womöglich der Pflege der Eltern zu leisten hätten. "Familie ist eine Ressource, die positiv auf die Gesundheit wirkt", so Baas. Deshalb verdiene die Vereinbarkeit des Berufs mit dem Privatleben auch einen deutlich höheren Stellenwert als bislang. Anhand der Daten habe man zeigen können, dass das nicht nur Kosmetik für das Arbeitgeber-Image sei, sondern auch wirtschaftlich klug.
Familie und die Freunde als wichtigster Stresskiller
Nach Worten von Arbeitsmediziner Klaus Jumpertz fällt der Familie eine wichtige Rolle beim Ausgleich der als steigend empfundenen beruflichen Belastungen zu. Gute soziale Bindungen wie Familie und Freunde seien deshalb eine wichtige Konstante und ein guter Rückzugsort.
TK-Chef Baas verwies auf eine ältere Stress-Studie seiner Kasse. Hier habe eine Befragung ergeben, dass der Stresspegel bei Eltern bei gut 80 Prozent und damit höher liege als in allen anderen Altersgruppen. Jedoch hätten gut drei Viertel von ihnen die Familie und die Freunde als wichtigsten Stresskiller bezeichnet.