Gesundheit - Potsdam:Kliniken am Limit - DRK-Mitarbeiter an Impfstellen bedroht

Brandenburg
Ursula Nonnemacher (Bündnis 90/Die Grünen), Ministerin für Soziales, Gesundheit, Integration und Verbraucherschutz. Foto: Soeren Stache/dpa/Archivbild (Foto: dpa)

Direkt aus dem dpa-Newskanal

Potsdam (dpa/bb) - Die Corona-Zahlen in Brandenburg steigen dramatisch - die Krankenhäuser stoßen wegen der immer mehr zu behandelnden Covid-Fälle an ihre Belastungsgrenze, vor allem im Süden. Innerhalb des Landes müssen mehr Patienten in andere Krankenhäuser verlegt werden, wie das Gesundheitsministerium am Mittwoch mitteilte. Es wies die Träger der Rettungsdienste auf den sogenannten Massenanfall von Erkrankten hin, die diesen nun ausrufen könnten. Damit kann die Koordination durch die Rettungsdienste der Landkreise und Städte besser gesteuert werden. Unter anderem gibt es mehr Verlegungskapazitäten. Immer mehr Impfangebote im Land werden geschaffen. Unterdessen wird der Ton rauer. DRK-Mitarbeitende berichten von aggressiver Stimmung an den Impfstellen. Die Gesundheitsämter erhalten Hilfe von Bundeswehrsoldaten und RKI-Teams.

Die Hospitalisierungsinzidenz, die angibt, wie viele Menschen je 100.000 Einwohner nach einer Corona-Infektion innerhalb von einer Woche ins Krankenhaus eingewiesen wurden, stieg von 5,45 auf 6,16. Die Warnampel ging von Gelb auf Rot. Auch die Zahl der Covid-Patienten auf den Intensivstationen nahm weiter zu. Nach 24,7 Prozent am Dienstag stieg der Anteil auf 24,8. Die Warnampel steht in diesem Bereich schon länger auf Rot.

Insgesamt wurden dem Ministerium zufolge 13 Patienten im Rahmen des sogenannten Kleeblatt-Systems verlegt. Am vergangenen Freitag waren es demnach fünf Covid-Intensivpatienten aus Brandenburg, die Berlin aufnahm. Weitere acht Corona-Patienten wurden Anfang dieser Woche in die Hauptstadt verlegt. "Die nächsten Wochen werden eine extreme Belastungsprobe", sagte Gesundheitsministerin Ursula Nonnemacher (Grüne). Die Lage in den Krankenhäusern sei überall sehr angespannt. Die Zahl der zu versorgenden Covid-Patienten folge nach dem Anstieg der Sieben-Tage-Inzidenz zwei bis drei Wochen später.

Dieser Wert sank im Vergleich zum Vortag landesweit leicht von 636,6 auf 635,1. Innerhalb eines Tages kamen 3435 neue Corona-Infektionen hinzu, nach 1848 am Dienstag. 42 Menschen starben im Zusammenhang mit einer Covid-Erkrankung. 810 Patienten werden im Krankenhaus behandelt, 182 liegen auf Intensivstationen, davon müssen mit Stand Dienstag 144 beatmet werden.

Mit der Schinkelhalle in Potsdam wurde am Mittwoch ein weiteres großes Impfzentrum eröffnet. Damit stehen fünf Impfstraßen für Erst-, Zweit- und Boosterimpfungen zur Verfügung, wie die Stadt mitteilte. An jeder Straße können bis zu 100 Corona-Schutzimpfungen pro Tag durchgeführt werden, in einer Woche seien 3000 Impfungen möglich. Die Nachfrage sei groß, für die ersten vier Tage seien Termine innerhalb weniger Stunden vergriffen gewesen, sagte Oberbürgermeister Mike Schubert (SPD) zur Eröffnung.

Als zweite große Impfstelle öffnet am kommenden Freitag (10.12) die Metropolishalle in Potsdam-Babelsberg. Angebote gibt es unter anderem auch in Frankfurt (Oder) im Impfzentrum auf dem Messegelände, in der überregionalen Impfstelle in der Messe Cottbus, im Impfzentrum Luckenwalde (Teltow-Fläming) in der Fläminghalle und am ehemaligen Flughafen Schönefeld (Dahme-Spreewald).

Unterdessen steigt nach Einschätzung des Deutschen Roten Kreuzes (DRK) auch die Aggressivität von Bürgern wegen nicht erhaltener Impftermine. DRK-Mitarbeiter berichteten dem Landesverband, dass sie bei Impf-Aktionen auch schon bedroht wurden, darunter in Potsdam, sagte Sprecherin Marie-Christin Lux am Mittwoch. Eine Mitarbeiterin berichtete, dass ihr ein Wartender vor einer mobilen Impfstation gesagt habe: "Sie können froh sein, wenn Sie nicht erschossen werden!". Der Mann sei wütend gewesen, weil er nach stundenlangem Warten abgewiesen wurde.

Viele Faktoren hätten zu einer Verschärfung der Stimmung geführt, schätzte Lux ein. Einerseits gebe es nun den Andrang bei den Impfstellen, andererseits werde die Kapazität gerade erst erhöht und es gebe nicht mehr diese massive Infrastruktur an Impfzentren. In einem Appell an die Bevölkerung forderte das DRK einen respektvollen Umgang mit Mitarbeitenden in Test- und Impfstellen.

Die Gesundheitsämter werden bei der Kontaktnachverfolgung von 277 Bundeswehrsoldaten unterstützt, wie der Sprecher des Gesundheitsministeriums, Gabriel Hesse, mitteilte. Zudem helfen so genannte Containment Scouts des Robert Koch-Instituts als Teams die Gesundheitsbehörden bei der Bearbeitung der Fälle.

© dpa-infocom, dpa:211208-99-301498/4

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: