Gesundheit - Potsdam:Ministerin: Einschnitte nicht über Monate durchzuhalten

Brandenburg
Ursula Nonnemacher, Gesundheitsministerin von Brandenburg, spricht auf einer Pressekonferenz. Foto: Soeren Stache/dpa-Zentralbild/dpa/Archivbild (Foto: dpa)

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Potsdam (dpa/bb) - Brandenburgs Gesundheitsministerin Ursula Nonnemacher (Grüne) hat angesichts der großen Einschränkungen im Kampf gegen das Coronavirus vor zu weitgehenden Regelungen gewarnt. "In einer Demokratie und in einem Rechtsstaat noch weiter zu gehen, fände ich schon schwierig", sagte Nonnemacher der Deutschen Presse-Agentur. "Ich glaube, wir können Maßnahmen dieser Intensität nicht über Wochen und Monate durchhalten. Erstens könnte man dann die Wirtschaft in diesem Land ad acta legen, außerdem brauchen wir funktionstüchtige Institutionen." Die Krankenhäuser sind nach ihrer Ansicht der Schlüssel zur Bewältigung der Krise.

EINSCHRÄNKUNGEN: Brandenburger dürfen seit Montag bis vorerst 5. April draußen nur allein, mit Angehörigen aus dem eigenen Haushalt oder mit einer Person außerhalb des Haushalts bei 1,5 Meter Abstand unterwegs sein. Das Betreten öffentlicher Orte ist erlaubt für Arbeit, Arztbesuche, Einkaufen, Krankenbesuche, Sport und dringende Behördentermine. Viele Läden sind geschlossen, Supermärkte, Drogerien, Banken und Tankstellen haben offen, auch Gaststätten mit Waren zum Liefern oder Abholen. Die Ministerin warb für bundesweit möglichst einheitliche Beschränkungen, zeigte aber auch Verständnis für schärfere Regeln wie in Bayern.

KONTROLLEN: Die Polizei bedankte sich, dass sich die Brandenburger "weitestgehend" an die Vorgaben hielten. Rund 200 Einsätze hat es demnach am Dienstag gegeben - die Bilanz: Zwei Strafanzeigen, sieben Ordnungswidrigkeiten und keine Verstöße gegen Schließzeiten. Brandenburg will im Einzelfall über mögliches Bußgeld entscheiden.

INFIZIERTE: Die Zahl der Brandenburger, bei denen das neuartigen Coronavirus nachgewiesen worden ist, hat sich auf 468 erhöht (Stand: Mittwoch 8.00 Uhr). Das teilte das Gesundheitsministerium mit. Innerhalb von 24 Stunden seien 39 neue Erkrankungen registriert worden. Derzeit liegen 39 Betroffene im Krankenhaus, drei davon werden künstlich beatmet. Weiter ist ein Todesfall wegen der Viruserkrankung gemeldet.

HILFEN: Wegen der Corona-Krise können Klein- und Kleinstunternehmen, Solo-Selbstständige und Freiberufler seit Mittwoch Soforthilfe beantragen. Bei Handwerksbetrieben ist der Bedarf hoch. Durch Absagen von Veranstaltungen, Schul- und Kita-Schließungen, Auftragsstornos, Produktionsunterbrechungen oder Quarantänemaßnahmen seien inzwischen alle Gewerke der mehr als 40 000 Betriebe von der Krise betroffen, berichtete der Handwerkskammertag auf dpa-Anfrage. "Am stärksten trifft es natürlich durch die verschärften Maßnahmen seit dem Wochenende die Friseure und Kosmetiker." In Brandenburg mussten demnach fast 4400 Friseur- und Kosmetikunternehmen schließen.

SCHUTZAUSRÜSTUNG: Bei Engpässen in der Versorgung mit Schutzausrüstung für Ärzte und Pflegekräfte sollte das Beschlagnahmen nach Ansicht des Hartmannbunds Brandenburg notfalls möglich werden. "Falls nicht schnellstens ausreichende Schutzausrüstung für Praxen und Krankenhäuser zur Verfügung gestellt werden kann, sollten Beschlagnahmungen und Sicherstellungen dieser Produkte aus dem Handel - Baumärkte, Großhandel, E-Commerce - kein Tabu mehr sein", forderte der Vorsitzende der Brandenburger Ärztevertretung, Hanjo Pohle.

ABZOCKE: Die Verbraucherzentrale Brandenburg warnte vor überteuerten Angeboten im Internet. Verbraucher berichteten, dass es auf Portalen wie Ebay immer mehr derzeit heiß gehandelte Waren wie Toilettenpapier und Hefe zu dreisten Preisen gebe. "Melden Sie diese Angebote beim Plattformbetreiber und lassen Sie die Finger davon!", rieten die Verbraucherschützer.

LANDTAG: Der Landtag will wegen der Corona-Krise notfalls auch nur mit rund einem Viertel seiner Abgeordneten weiterarbeiten können. Das Parlament solle auch mit mindestens 23 der 88 Abgeordneten Beschlüsse fassen können, heißt es in einer Empfehlung an den Landtag, für die sich der Hauptausschuss mit großer Mehrheit aussprach. Das Präsidium soll den Fall einer Notlage feststellen. Der Landtag ist derzeit mit mindestens 45 Abgeordneten beschlussfähig. Die neue Mindestbegrenzung soll bis Ende Juni gelten. Bisher ist noch kein Fall bekannt, dass ein Abgeordneter positiv auf das Coronavirus getestet wurde.

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