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Gesundheit - Potsdam:Brandenburg warnt vor Engpass in Kliniken: Bitte um Hilfe

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Potsdam (dpa/bb) - Brandenburg hat wegen eines drohenden Engpasses in Krankenhäusern in der Corona-Krise um Hilfe gebeten. Angesichts eines neuen Höchstwertes an Corona-Infektionen mit 1217 neuen Fällen am Donnerstag fragte Gesundheitsministerin Ursula Nonnemacher (Grüne) in Berlin um Unterstützung an. "Es gibt inzwischen massive Notsignale aus den Krankenhäusern im Süden", sagte Nonnemacher, die früher als Ärztin gearbeitet hat, am Donnerstag im Gesundheitsausschuss des Landtages.

Die Betten könnten "extrem knapp werden". Aber: "Triage ist im Moment hier in Brandenburg kein Thema." Triage bedeutet, dass Mediziner wegen knapper Ressourcen entscheiden müssen, wem sie zuerst helfen. Die Ministerin sieht die Kliniken vor allem in Südbrandenburg in einer kritischen Lage. Einige Landräte im Süden seien kurz davor, den Katastrophenfall auszurufen.

Nonnemacher bat Berlins Gesundheitssenatorin Dilek Kalayci (SPD), 50 Covid-19-Patienten aus Brandenburg im Notkrankenhaus am Messegelände zu übernehmen, die nicht auf einer Intensivstation versorgt werden müssten. Der Eröffnungstermin sei aber wegen der Personalfrage offen.

Berlin zeigte sich bereit: "Ich bin mit Gesundheitsministerin Ursula Nonnemacher im Gespräch", sagte Kalayci der "Berliner Morgenpost" (Donnerstag/Online). "Es geht um Patienten auf Normalstationen, besonders auch um Covid-Patienten. (...) Wir haben in Berlin rund 2300 Betten auf Normalstationen frei." Die Lösung mit dem Notkrankenhaus kommt aus Sicht der Berliner Gesundheitsverwaltung nicht infrage, solange genug Platz in regulären Krankenhäusern ist.

Brandenburg will möglicherweise auch den sogenannten Kleeblatt-Fall ausrufen, mit dem ein Land bestimmte Nachbarländer bei der Aufnahme von Patienten um Unterstützung bittet. "Im Moment käme ein Ausweichen nach Sachsen-Anhalt ins Gespräch", sagte Nonnemacher. In Sachsen sei die Lage so katastrophal, dass der Bettennotstand dort noch größer sei als in Brandenburg. Auch Thüringen sei stärker betroffen. Die Bitte an Sachsen-Anhalt wird dem Ministerium zufolge noch geprüft. Den Katastrophenfall will Brandenburg derzeit nicht ausrufen.

Deutschland ist beim Kleeblatt-Konzept in fünf Gebiete aufgeteilt: Nord (Schleswig-Holstein, Hamburg, Bremen, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen), Ost (Berlin, Brandenburg, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen), West (Nordrhein-Westfalen), Südwest (Hessen, Rheinland-Pfalz, Saarland, Baden-Württemberg) und Süd (Bayern), die sich bei Engpässen jeweils gegenseitig helfen können.

Der Brandenburger Landtag bestätigte den harten Lockdown, der seit MittwOch im Land gilt. Die Koalitionsfraktionen von SPD, CDU und Grünen stimmten am Donnerstag für die neue Verordnung, die AfD lehnte sie ab, während sich Linksfraktion und Freie Wähler enthielten. Der Landtag hatte am Dienstag beschlossen, dass er sich stärker beteiligen kann, nachdem die Landesregierung neue Corona-Regeln verkündet hat. Damit ist auch ein Widerspruch möglich.

AfD-Fraktionschef Christoph Berndt forderte eine Aufhebung des Lockdowns und mehr Schutz gefährdeter Gruppen. "Der verschärfte Lockdown ist nicht alternativlos", sagte er. Die AfD zweifelt die von Bund und Ländern beschriebene Gefahr des Coronavirus und die ergriffenen Maßnahmen an. Die Abgeordnete der Linken, Andrea Johlige, sagte, sie vermisse zum Beispiel eine engere Abstimmung mit Berlin.

Für Einkaufsbesuche zwischen Brandenburg und Polen über 24 Stunden gilt seit Mittwoch keine Ausnahme für Quarantäne mehr. Das sei aber anders für Berlin, um Feuerwerk in Polen zu kaufen, kritisierte Johlige. Sie verstehe auch nicht, warum Kitas noch offen seien.

Seit Mittwoch gilt eine Ausgangsbeschränkung. Wer tagsüber unterwegs ist, darf das unter anderem nur noch zum Arbeiten, Einkaufen, für Arzt- und Behördenbesuche, zwischen 22.00 Uhr und 5.00 Uhr ist auch Joggen und Spazierengehen verboten. Läden außer etwa Supermärkten, Drogerien, Apotheken, Buchhandlungen und Tankstellen sind geschlossen, Alkoholtrinken ist in der Öffentlichkeit verboten.

Die Landesregierung will am Freitag ihre Impfstrategie vorstellen. Nonnemacher rechnet mit dem Ausliefern der ersten Impfdosen kurz nach der Zulassung des Corona-Impfstoffs der Firma Biontech und des US-Konzerns Pfizer durch die Europäische Arzneimittelagentur EMA. "Das kann gegen Ende der Weihnachtsfeiertage sein. Wir bereiten uns darauf vor."

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